Seniorenpaar beim Fahrradfahren in einem Park
analyse

Rentenerhöhung und Co. Staatsquote auf fast 50 Prozent gestiegen

Stand: 25.04.2025 16:00 Uhr

Im vergangenem Jahr sind die Gesamtausgaben des Staates gestiegen - auf knapp 50 Prozent des BIP. Was sind die Gründe hierfür? Und was sagt die Quote überhaupt aus?

Eine Analyse von Alina Leimbach, ARD-Finanzredaktion

Höhere Staatsausgaben haben im Jahr 2024 zu einem Anstieg der deutschen Staatsquote auf 49,5 Prozent geführt. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) mitteilt, verzeichnete die Staatsquote damit gegenüber dem Vorjahr einen Zuwachs von 1,1 Prozentpunkten (2023: 48,4 Prozent).

In den Staatsausgaben werden alle Ausgaben des Staates zusammengefasst, also etwa Gehälter im öffentlichen Dienst, Ausgaben im Renten- und Sozialbereich, Gelder für den Bau von Straßen und bei der Bahn oder auch Rüstungsausgaben. Für die Staatsquote werden diese Gesamtausgaben vom Bund, Kommunen und Ländern sowie den Sozialversicherungen ins Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt gesetzt.

Sozialleistungen gestiegen

Der Anstieg der Ausgabenquote im vergangenen Jahr ist laut Destatis vor allem "auf deutlich gestiegene monetäre Sozialleistungen" zurückzuführen. Etwa für Renten, Pflege- oder Bürgergeld, sowie auf höhere soziale Sachleistungen wie für Klinikbehandlungen oder Pflege, heißt es dort.

Kritiker sehen eine zu hohe Staatsquote als problematisch an. So etwa Tobias Hentze, der am arbeitgebernahen Institut der deutschen Wirtschaft (IW) das Cluster Staat, Steuern und Soziale Sicherung leitet. "Die gestiegene Staatsquote ist ein Beleg dafür, dass der Staat vor allem im Sozialbereich seine Leistungen ausgebaut hat. Das geht einher mit einer hohen Steuer- und Abgabenlast, die für Arbeitgeber die Kosten erhöht und für Beschäftigte und Selbstständige den Anreiz mindert, mehr zu arbeiten", sagt er tagesschau.de.

IW-Forscher Hentze findet: Die kommende Bundesregierung sollte hier gegensteuern. "Nicht alles, was wünschenswert ist, ist auch finanzierbar." Angesichts des Nullwachstums sei es wichtig, mit Steuersenkungen und einem Ende des Beitragsanstiegs in der Sozialversicherung mehr wirtschaftliche Dynamik zu ermöglichen.

Mehr Sozialleistungen, mehr Wirtschaftsstärke?

Anders argumentiert etwa Anton Hemerijck vom Europäischen Hochschulinstitut in Florenz. Er betont, dass es einen positiven Zusammenhang zwischen wohlfahrtsaatlichen Ausgaben und dem Pro-Kopf-Bruttoinlandsprodukt gebe. Sprich: Staaten, die mehr in Schutz oder Weiterqualifizierung ihrer Bürger investierten, wiesen auch eine höhere Wirtschaftsleistung auf.

"Wobei die universellen nordischen Wohlfahrtsstaaten und die entwickelten Sozialversicherungsmodelle des nördlichen Festlands in beiden Fällen die Nase vorn haben", schreibt er mit seinen Co-Autoren. Allerdings, darauf weisen die Autoren hin: Hierbei handelt es sich nur um eine Korrelation.

Steigende Zahl der Senioren

Schaut man etwas genauer auf die Gründe der gestiegenen Sozialausgaben, so gibt es wenige Überraschungen: So konnten sich Rentnerinnen und Rentner ab Mitte vergangenen Jahres um eine Rentenerhöhung um 4,57 Prozent freuen. Auch dass die staatlichen Ausgaben in dem Bereich insgesamt wachsen, ist angesichts einer steigenden Zahl von Rentnerinnen und Rentnern wenig verwunderlich

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  • Ähnlich sieht es bei der Pflege aus: Der demografische Wandel sorgt auch hier für immer mehr Pflegebedürftige. Zeitgleich wurden im vergangenen Jahr Leistungen in dem Bereich erhöht: etwa das Pflegegeld, das um fünf Prozent angehoben wurde, nachdem es über Jahre hinweg keine Anpassung gegeben hatte. Pflegebedürftige, die Vollzeit im Heim leben, bekommen seit dem vergangenen Jahr höhere Zuschüsse. Insgesamt seien die Leistungsausgaben 2024 um rund elf Prozent gestiegen, sagte Doris Pfeiffer, Chefin des Spitzenverbands der gesetzlichen Krankenversicherungen, der auch die Pflegekassen vertritt.

    Irland hat niedrigste Staatsquote

    Im Vergleich mit den übrigen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union (EU) lag die Staatsquote in Deutschland zuletzt im Mittelfeld. Der EU-Durchschnitt betrug im vergangenen Jahr 49,2 Prozent (Deutschland: 49,5 Prozent). Am höchsten war die Quote nach Angaben der europäischen Statistikbehörde Eurostat in Finnland mit 57,6 Prozent, gefolgt von Frankreich (57,1 Prozent) und Österreich (56,3 Prozent).

    Die niedrigste Staatsquote in der EU wies Irland mit 23,5 Prozent auf, das als Sitz bedeutender multinationaler Konzerne in den vergangenen zehn Jahren ein deutliches BIP-Wachstum verzeichnete. Vergleichsweise niedrige Staatsquoten hatten 2024 auch Malta (38,3 Prozent) und Litauen (39,5 Prozent).

    Hohe Quoten dank Treuhand und Corona

    Den höchsten Wert in den vergangenen Jahren seit 1991 erreichte die Staatsquote in Deutschland im Jahr 1995 mit 55,2 Prozent. Dieser Höchststand war vor allem auf die Übernahme der Schulden der Treuhandanstalt durch das vereinigte Deutschland zurückzuführen, die im Staatskonto als geleisteter Vermögenstransfer unter die Staatsausgaben fiel.

    Weitere Höchstwerte wurden während der Corona-Pandemie mit 51,1 Prozent im Jahr 2020 und 50,7 Prozent im Jahr 2021 verzeichnet. Damals ließen etwa die Beschaffung und Durchführung von Covid-19-Tests und Impfungen sowie Wirtschaftshilfen die Staatsausgaben steigen.

    Mit Informationen der dpa.