
Erleichterungen für Firmen Bringen die Steuersenkungen mehr Wachstum?
Die Bundesregierung hat ein milliardenschweres Paket zur Entlastung der Wirtschaft beschlossen. Experten erwarten, dass es hilft im Kampf gegen die Wachstumsflaute. Doch wie stark wird der Effekt?
Milliardenschwere Steuersenkungen und Entlastungen sollen die Wirtschaft ankurbeln. Das verspricht das heute vom Bundeskabinett beschlossene Paket. Geplant sind etwa Sonderabschreibungen für Elektro-Fahrzeuge, Abschreibungen auf Maschinen und Anlagen sowie eine sinkende Körperschaftsteuer. So sollen vor allem Unternehmen bis 2029 um fast 46 Milliarden Euro entlastet werden. Experten zeigen sich verhalten optimistisch.
Wichtig sei der psychologische Effekt, so lautet der Tenor von Volkswirten. Mit den Maßnahmen werde das Umfeld verbessert, Unternehmer und Firmen sollen optimistisch gestimmt werden. Zwar dürften sich die Auswirkungen dieses Jahr in Grenzen halten, da das erste halbe Jahr schon vorbei ist. Dennoch geht Carsten Mumm, Chefvolkswirt von Donner & Reuschel, davon aus, dass die letzten Konjunkturprognosen zu pessimistisch sein könnten. Dort war man von einem Nullwachstum in 2025 ausgegangen.
Neben den Steuerentlastungen könne es noch weitere Investitionsanreize durch die Bundesregierung und Strukturreformen geben, die insgesamt die Standortbedingungen für Unternehmen verbessern, so Mumm. Allein die Aussicht darauf dürfte die Stimmungslage bei Unternehmen und Konsumenten aufhellen und Investitionen und Konsum ankurbeln. Zudem sinken Inflation und Leitzinsen. Das Kernrisiko bleiben eskalierende Handelskonflikte.
Handelskonflikte machen Prognosen schwer
Volkswirte tun sich schwer, die Folgen der Steuersenkungen und Entlastungen in Zahlen umzurechnen, genau zu quantifizieren. Der "Investitionsbooster" für Elektromobilität oder die Abschreibungen auf Maschinen und Anlagen können Firmen helfen. Doch es gibt weiterhin zu viel Bürokratie sowie geopolitischen Gegenwind durch einen unberechenbaren US-Präsidenten Donald Trump.
So spricht Ulrich Kater, Chefvolkswirt der Deka, von positiven Investitionsanreizen. Aber es sei wichtig, auf welches aktuelle wirtschaftliche und politische Umfeld sie treffen. Modelle und Erfahrungen aus der Vergangenheit bringen da nur bedingt etwas.
"Kleiner positiver Beitrag"
Robin Winkler, Chefvolkswirt Deutschland der Deutschen Bank, sieht zwar starke Anreize für Investitionen in traditionelle Produktionskapazitäten, wie zum Beispiel neue Produktionsanlagen. Jedoch bestehe wenig Anreiz für Investitionen in Rechenzentren oder andere digitale Anwendungen. Das bedeute weiterhin einen Wettbewerbsnachteil im Vergleich zum US-Technologiesektor.
Dennoch sieht auch er positive Impulse. 2024 waren die Ausrüstungsinvestitionen um fünf Prozent gefallen, in diesem Jahr dürften sie stagnieren. Im kommenden Jahr könnten sie nach seiner Einschätzung real um fünf Prozent wachsen, wozu die geplanten Abschreibungen beitragen. Für das gesamte Wirtschaftswachstum 2026 sagt Winkler einen "kleinen positiven Beitrag" voraus, was den Experten in seiner Prognose eines Anstiegs des Bruttoinlandsprodukts im kommenden Jahr um 1,5 Prozent bestärkt.
Optimismus für nächstes Jahr
Optimistischer und konkreter sind Michael Heise von HQ Trust und Thomas Gitzel von der VP Bank. Auf das gesamte nächste Jahr gesehen könnten die Maßnahmen der Bundesregierung Heise zufolge 0,25 Prozent Wachstum beisteuern - für Gitzel sogar 0,4 Prozent, zusammen mit dem Infrastrukturpaket.
Das ist immer wieder von Experten zu hören: Der wirkliche Schub könnte eher über Rüstungs- und Infrastrukturausgaben kommen. Die Steuermaßnahmen seien eher ein "Goodie" - mit einem psychologischen Effekt, der Vorzieheffekte auslöst.
Körperschaftsteuer sinkt erst ab 2028
Kritik kommt vom Bundesverband Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen (BGA). Die Bundesregierung halte ihr Versprechen einer zügiger Entlastung - doch bei den ersten angekündigten Maßnahmen fehlten die gezielten Impulse für den Mittelstand.
"Investitionserleichterungen helfen vor allem der Industrie. Die Verbesserungen bei den Abschreibungen helfen nur, wenn man das nötige Kapital für Investitionen hat", so der BGA-Präsident Dirk Jandura. Aus seiner Sicht wäre es gut gewesen, die Abschreibungen und die Senkung der Körperschaftsteuer zusammenzufassen.
Laut Beschluss des Kabinetts soll die als "Investitions-Booster" bezeichnete Wiedereinführung der "degressiven Absetzung für Abnutzung" bei Anschaffungen zwischen dem 1. Juli 2025 und 31. Dezember 2027 gelten. Danach soll ab 2028 die Körperschaftsteuer schrittweise sinken.
Hoffnung auf weitere Schritte
Die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) sieht in dem geplanten Paket der Bundesregierung zu Steuerentlastungen ein wichtiges Signal - aber noch keinen Befreiungsschlag. "Dieses Gesetz allein wird die konjunkturelle Lage nicht rasch wenden", sagt DIHK-Hauptgeschäftsführerin Helena Melnikov. "Die Maßnahmen sind wichtig - bleiben aber ein Tropfen auf den heißen Stein, wenn nicht weitere Schritte ebenso entschlossen und zügig folgen."
Außerdem notwendig sei vor allem eine einfachere Erhebung von Steuern - und eine "durchgreifende Digitalisierung" von Prozessen.