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Mit Dienstleistungen wachsen Was hinter der neuen Strategie von Airbnb steckt

Stand: 14.05.2025 15:38 Uhr

Bisher war Airbnb eine Plattform nur für Unterkünfte. Doch das soll sich ändern: Künftig will Airbnb auch Dienstleistungen wie Massagen und Erlebnisausflüge wie Kochkurse verkaufen. Was hinter der Idee steckt.

Die Unterkünfte-Plattform Airbnb will weiter wachsen und setzt dafür auf das Geschäft mit Dienstleistungen und Erlebnisausflügen. Kunden können über die App nun auch etwa Masseure, Haar-Stylisten sowie professionelle Köche oder Catering buchen. Bei den Erlebnissen geht es zum Beispiel um Museumsbesuche, Reitausflüge oder Kochkurse. "Hotels haben etwas, was wir nicht haben: Dienstleistungen", sagte Airbnb-Chef Brian Chesky: "Jetzt bieten wir das Beste aus beiden Welten - erstaunliche Häuser mit Dienstleistungen, die sie noch spezieller machen."

Tomaso Duso, Leiter der Abteilung Unternehmen und Märkte im Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin), sieht darin tatsächlich die Chance, das Airbnb noch gezielter mit Hotels in Konkurrenz tritt. Gegenüber tagesschau.de sagt er: "Viele Reisende schätzen an Hotels nicht nur das Zimmer, sondern auch Services wie Wellness-Angebote oder Freizeitaktivitäten. Diese integrierte Service-Erfahrung fehlte bislang bei Airbnb." Mit den neuen Angeboten könnte Airbnb nun gezielt ein neues Publikum erreichen - jene Menschen, die normalerweise ein Hotel buchen.

Amazon für Dienstleistungen

Es könnte ein radikaler Wandel für eine App sein, die man bislang üblicherweise nur ein oder einige wenige Male im Jahr nutzte. Denn die Dienstleistungen und Erlebnisse sind nicht an Reisen gebunden, wie Chesky und Mitgründer Nate Blecharczyk betonen. Erklärtes Ziel ist es, mit den Dienstleistungen auch Einheimische zu erreichen. "Vor allem machen wir das, weil wir denken, dass die Leute es wollen und es bisher keine gute Plattform dafür gibt", so Chesky im FAZ-Interview.

Zunächst soll es in 260 Städten Dienstleistungen in zehn verschiedenen Kategorien geben. Dazu gehören unter anderem auch Angebote von Fitness-Trainern und Fotografen. Das Angebot soll mit der Zeit auf mehr Arten von Dienstleistungen ausgeweitet werden. Cheskys Vision: Aus Airbnb könnte eine Art Amazon für Dienstleistungen werden. "Aber mit einigen Unterschieden zu Amazon. Bei uns geht es nicht um Massenware, sondern um Angebote mit höheren Gewinnmargen", betont er im Gespräch mit der FAZ.

Experte Duso hält den Vergleich mit Amazon für "ambitioniert". "Während Amazon mit physischen Produkten arbeitet, sind Dienstleistungen deutlich komplexer in Bezug auf Qualität und Verfügbarkeit zu steuern", so der Experte gegenüber tagesschau.de: "Ein Marktplatz für Zusatzservices rund um die Reise könnte funktionieren, ist aber kompliziert. Ob sich das langfristig skalieren lässt, bleibt zumindest offen."

Ziel: Image verbessern?

Um die neuen Angebote bestmöglich zu vermarkten, wurde auch die Airbnb-App umgebaut, um sie für die neuen Angebote über Unterkünfte hinaus fit zu machen. So wird sie etwa nach der Buchung einer Übernachtung Dienstleistungen und Erlebnisse in der Nähe vorschlagen. Airbnb nimmt von den Anbietern nach eigenen Angaben eine Gebühr von 20 Prozent bei Erlebnissen und 15 Prozent bei Dienstleistungen. Mit dem Geld bezahle Airbnb unter anderem die Transaktionskosten für Zahlungen, den Kundenservice und Versicherungen. Die Anbieter von Dienstleistungen und Erlebnissen sind nicht exklusiv an die Plattform gebunden.

Für Airbnb könnte die Öffnung des Geschäftsmodells eine Chance sein. Denn die Unterkünfte-Plattform steht in der Kritik und hat in verschiedenen Städten mit Vorwürfen zu kämpfen, der Dienst trage zur Wohnraum-Knappheit bei, da mehr Apartments in guter Lage teuer an Touristen vermietet würden. New York oder auch Barcelona gehen deshalb mit strengen Regularien gegen die Angebote vor. Mit Erfolg: In New York ist die Zahl der Airbnb-Unterkünfte laut Unternehmensangaben seither um mehr als 90 Prozent gefallen. "Mit dem Ausbau zusätzlicher Dienstleistungen könnte das Unternehmen versuchen, sein Image zu verbessern und sich breiter aufzustellen", so Tomaso Duso.

"Weniger regulatorischen Widerstand"

Mit den Dienstleistungen und Erlebnisausflügen hofft Airbnb nun, einen Bereich zu erschließen, der nicht von Regularien bedroht ist: Airbnb-Chef Chesky äußerte im FAZ-Interview die Hoffnung, dass das Verhältnis mit den Städten nun einfacher werde: "Die Dienstleistungen sollten auf erheblich weniger regulatorischen Widerstand stoßen."

Zumal das Unternehmen dabei auch darauf setzt, dass lokale Dienstleister profitieren: "Ich denke, um [die Dienstleistungen] herum wird ein ganzes wirtschaftliches Ökosystem entstehen. Dienstleistungen sind schon heute ein großer Teil der globalen Wirtschaft, aber sie sind bisher noch nicht auf eine Art und Weise aggregiert worden, wie wir das tun", so Chesky im Gespräch mit der FAZ.

Qualitätskontrolle wird schwerer

Allerdings ergeben sich mit den neuen Angeboten auch Risiken für Airbnb - etwa bei einer deutlich steigenden Zahl von Angeboten auch die Qualität weiterhin sicherzustellen, so Branchen-Analystin Carolina Milanesi. Zugleich stoße Airbnb in Bereiche vor, in denen spezialisierte Apps bereits ihre Nischen besetzt hätten.

Tomaso Duso vom DIW betont außerdem, dass man sich mit den neuen Angeboten "immer mehr von der Gründungsidee, Reisenden eine persönliche, authentische und oft günstigere Alternative zum klassischen Hotel zu bieten" entferne. "Es ging um Gemeinschaft, Austausch und das Erlebnis, 'wie ein Local' zu wohnen. Das könnte die Plattform überfrachten." Vielleicht auch deshalb ist Idee hinter den Erlebnissen laut Airbnb, die Stadt mit den Leuten zu erleben, die sie am besten kennen, sagte Chesky. Damit passen die Erlebnisse auch zum bisherigen Geschäftsmodell von Airbnb, bei dem Urlauber eine Unterkunft buchen können, in der sie wie Einheimische leben können.

Anbieter der Dienstleistungen und Erlebnissen müssen sich laut dem Unternehmen bewerben, Airbnb wähle sie dann auf Basis von Faktoren wie Erfahrung und Bewertungen auf ihrem Spezialgebiet aus, sagte Blecharczyk. Auf der Plattform heißt es zudem: "Gastgeber von Services verfügen über durchschnittlich zehn Jahre Erfahrung, haben den Identitätsprüfungsprozess von Airbnb abgeschlossen und müssen die entsprechenden Lizenzen und Zertifizierungen vorlegen."

Airbnb als soziales Netzwerk

Nach Meinung von Branchen-Analystin Milanesi könnte der Vorstoß auch die Sicht der Börse auf Airbnb ändern. Während die Firma bisher nach traditionellen Kriterien der Reiseindustrie wie die Zahl der Übernachtungen bewertet worden sei, könne die Börse sie jetzt eher als Tech-Plattform betrachten.

So sollen Nutzer künftig über die App auch Fotos und Videos untereinander teilen können - die Plattform wird damit auch zu einem Sozialen Netzwerk. Unerwünschte Interaktionen können per Knopfdruck gemeldet werden - wie bereits bisher bei der Kommunikation zwischen Anbietern von Unterkünften und deren Kunden. Und Airbnb nutzt nun auch maschinelles Lernen, um etwa Probleme zu erkennen.

Mit Informationen von Lilli-Marie Hiltscher, ARD-Finanzredaktion.