Nayib Bukele

El Salvador Kritik unerwünscht - Bukele verschärft Repression

Stand: 24.05.2025 16:17 Uhr

Kritik am Regime von El Salvadors Präsidenten Bukele ist nicht erwünscht. Vor wenigen Tagen schockierte die Festnahme einer prominenten NGO-Anwältin. Denn sie hatte Anzeigen wegen Korruption in der Regierung erstattet.

Es war gegen elf Uhr abends, als die Menschenrechtsanwältin der Nichtregierungsorganisation Cristosal, Ruth López, in ihrem Haus in San Salvador verhaftet wurde. Noah Bullock, der Geschäftsführer von Cristosal, sieht hinter der Verhaftung seiner Kollegin eine Strategie des autoritären Regimes unter dem salvadorianischen Präsidenten Nayib Bukele. 

López habe zusammen mit Kollegen mehr als 15 Anzeigen zu Korruptionsfällen innerhalb der Regierung vorgebracht. Diese Anzeigen habe sie der Staatsanwaltschaft vorgelegt. "In keinem Fall gab es eine Antwort. Das unangenehmste an Ruths Arbeit ist die Öffentlichmachung der Korruption innerhalb der Regierung, aber auch die Straflosigkeit", erklärt der Geschäftsführer der Menschenrechtsorganisation gegenüber dem TV-Sender CNN.

Ruth López steht bei ihrer Verhaftung zwischen zwei Polizisten.

Vor ihrer Festnahme erstattete Ruth López Anzeigen wegen Korruption in der Regierung.

Politisch motivierte Festnahme

Die salvadorianische Generalstaatsanwaltschaft wirft López die Veruntreuung staatlicher Gelder vor, angeblich während ihrer früheren Tätigkeit beim Wahltribunal El Salvador, also vor ihrer Zeit bei Cristosal. Belastende Beweise, die zu ihrer Verhaftung führten, liegen allerdings nicht vor.

Auch Menschenrechtsorganisationen wie Human Rights Watch und Amnesty International sehen die Festnahme als politisch motiviert und als Versuch, kritische Stimmen in El Salvador zum Schweigen zu bringen. Sie dringen auf die Freilassung der Anwältin.

Noah Bullock neben der Mutter von Ruth López.

Noah Bullock von der NGO Cristosal hält die Verhaftung seiner Kollegin Ruth López für politisch motiviert. Neben ihm sitzt die Mutter von López.

Mehr Sicherheit, weniger Freiheit

Seit mehr als drei Jahren herrscht mittlerweile der Ausnahmezustand in El Salvador. Mehr als 75.000 Menschen wurden seitdem verhaftet, die meisten ohne ordnungsgemäßes Verfahren - alles unter dem Vorwand, die kriminellen Banden in dem mittelamerikanischen Land zu bekämpfen.

Dafür hat der autoritär regierende Bukele viel Applaus und Zustimmung geerntet, weil die Menschen wieder auf die Straße gehen können, sie sich sicherer fühlen. Parallel wurde aber auch die Demokratie immer weiter ausgehöhlt. Die massive Einschränkung grundlegender Rechte führte zu einer Vielzahl von Menschenrechtsverletzungen.

Auch Journalisten droht die Festnahme

Das Regime richtet sich auch gegen freie Medien. Sieben Journalisten von der unabhängigen Investigativ-Plattform El Faro sahen sich jüngst gezwungen, das Land zu verlassen, aus Angst vor Repression. Darunter ist auch der renommierte und preisgekrönte Journalist Óscar Martínez. 

Derzeit befindet er sich in Washington, um Menschenrechtsorganisationen auf die Situation in El Salvador aufmerksam zu machen und um weitere Unterstützung zu werben. Die Journalisten hätten aus erster Hand Informationen gehabt, dass Haftbefehle gegen sie vorliegen. Die Frage sei nur gewesen, wann sie in Kraft treten, so Martínez.

Recherche zu Bukeles Zusammenarbeit mit Banden

In einer aktuellen Recherche hat das Investigativ-Team Interviews mit Anführern der kriminellen Mara-Bande Barrio 18 veröffentlicht, die erstmals vor der Kamera bestätigten, dass es seit Jahren Absprachen mit der Regierung Bukeles gebe. Bereits lange vor seiner Präsidentschaft habe es geheime Pakte mit ihrer Bande gegeben, so das Ergebnis der Recherche.

Konkret berichten sie, dass Bukele in früheren Jahren, als er noch Bürgermeister von San Salvador werden wollte, mit den Banden verhandelt habe. Als Gegenleistung für Unterstützung im Wahlkampf soll viel Geld an die Banden geflossen sein. Den Journalisten wirft das autoritäre Regime nun vor, selbst Teil der Banden zu sein.

Das Investigativ-Team habe die Information erhalten, dass den Journalisten von El Faro zwei Anschuldigungen bevorstünden: "Wegen illegaler Versammlung, was dasselbe ist wie die Mitgliedschaft in einer Bande. Was bedeutet, dass sie die Ausnahmeregelung anwenden können und man 20 Jahre im Gefängnis verbringen kann, ohne einen Richter zu sehen."

Und das Regime wolle sie für die Verbreitung der Nachrichten der Banden verurteilen. Doch das Interview mit den Bandenköpfen hätten sie nur machen können, weil die Bukele-Regierung sie freigelassen und ihnen geholfen habe, das Land legal zu verlassen, erklärt Martínez.

Methoden nach nicaraguanischem Vorbild

El Salvador folgt mit rasantem Tempo dem Vorbild seines Nachbarn Nicaragua, wo es eine freie Presse längst nicht mehr gibt und wo Präsident Daniel Ortega repressiv gegen seine Kritiker aus allen Lagern vorgeht. Ein Gesetz, das sich gegen "ausländische Agenten" richtet, existiert in Nicaragua bereits seit Jahren.

In El Salvador wurde ein derartiges Gesetz am Dienstag beschlossen und könnte in acht Tagen in Kraft treten. Demnach soll eine Steuer von 30 Prozent auf alle finanziellen Mittel, Spenden, Überweisungen oder Sachleistungen erhoben werden, die Organisationen aus dem Ausland erhalten.

Für Menschenrechtsorganisationen wie Cristosal, aber auch etwa deutsche politische Stiftungen, könnte es das Aus für ihre Arbeit in dem mitteleamerikanischen Land bedeuten. Laut Regierung soll das Gesetz Transparenz über den Einfluss ausländischer Akteure schaffen und die nationale Souveränität schützen. Es sei "eine Steuer auf Meinungsfreiheit", wie aus Kreisen von betroffenen Organisationen zu hören ist. Ein Instrument zur Kontrolle und Einschüchterung der Zivilgesellschaft und zur Einschränkung der Meinungs- und Vereinigungsfreiheit, so die Kritiker.

Trotz der angespannten Lage will der El-Faro-Journalist Martínez bereits in wenigen Wochen in seine Heimat zurückkehren: "Wenn Bukele entscheidet, dass er mich verhaften will, dann bleibt nichts anderes übrig, als zu leiden. So wie es schon vielen Menschen in einer Diktatur ergangen ist. So wie es auch Ruth Lopez gerade ergeht." Er glaube nicht, dass es der richtige Moment sei, das Land zu verlassen.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 22. Mai 2025 um 15:50 Uhr.