
Drohende Hungersnot Israel will wieder Hilfsgüter in den Gazastreifen lassen
Seit Anfang März blockierte Israels Regierung Hilfslieferungen - jetzt steuert sie um: Eine drohende Hungersnot gefährde den Erfolg der kürzlich gestarteten Offensive, heißt es aus Premier Netanjahus Büro.
Die israelische Regierung will wieder Hilfsgüter in den Gazastreifen lassen. Die Grundversorgung mit Lebensmitteln erfolge auf Empfehlung der israelischen Armee und um sicherzustellen, dass es zu keiner Hungersnot komme, teilte das Büro von Premierminister Benjamin Netanjahu mit. Eine Hungersnot würde den Erfolg der kürzlich gestarteten Militäroffensive gefährden, heißt es.
Angesichts der neuen Großoffensive, die die Notlage der Menschen in dem abgeriegelten und nach mehr als anderthalb Jahren Krieg großflächig zerstörten Küstengebiet verschärfen dürfte, waren die Appelle an die israelische Regierung vehementer geworden. Seit Anfang März schon hatte Israel keine Hilfslieferungen mehr in den Gazastreifen gelassen und war immer stärker in die Kritik geraten.
Internationale Organisationen sollen Arbeit aufnehmen
Die Netanjahu-Regierung wirft der Hamas vor, die Hilfsgüter gewinnbringend weiterzuverkaufen, um ihre Kämpfer und Waffen zu finanzieren. Hilfsgüter sollen israelischen Medienberichten zufolge auf bisher genutzten Wegen in den abgeriegelten Küstenstreifen kommen, bis ein geplanter neuer Mechanismus umgesetzt wird. Israel werde Maßnahmen ergreifen, damit die Hilfe nicht in die Hände der Hamas gelange, teilte Netanjahus Büro weiter mit.
Die Hilfslieferungen sollen nun vorerst wieder internationale Organisationen wie das Welternährungsprogramm (WFP) sowie die World Central Kitchen bereitstellen, wie das Nachrichtenportal "walla.co.il" meldete. Ende des Monats soll ein neuer Mechanismus greifen, der nicht unumstritten ist. Berichten zufolge sollen Güter dann nur noch von wenigen Standorten im Gazastreifen aus verteilt werden. Vor allem die UN äußern starke Bedenken daran.
Mehr als zwei Millionen Menschen von Hunger bedroht
Die rund 2,2 Millionen Einwohner des Gazastreifens sind fast ausschließlich auf Hilfe von außen angewiesen, um zu überleben. Der UN-Nothilfekoordinator Tom Fletcher hatte gemahnt, schon jetzt seien 2,1 Millionen Palästinenser wegen zurückgehaltener humanitärer Hilfe vom Hungertod bedroht.
Mehrere Medien berichteten, vor allem der Druck aus den USA habe die israelische Regierung zur Aufhebung der Blockade gebracht. Netanjahu informierte demnach das Sicherheitskabinett lediglich über die Entscheidung - ließ dessen Mitglieder aber nicht abstimmen.
Neue Angriffswelle mit vielen Toten
Seit Tagen fliegt die israelische Luftwaffe massive Angriffe auf Ziele im Gazastreifen. Inzwischen sind auch Bodentruppen im Einsatz. Nach palästinensischen Angaben gab es allein in der Nacht und am Sonntag mindestens 110 Tote. Augenzeugen zufolge fliehen etliche Menschen derzeit vom Norden in den Süden des Küstengebiets. Nach Angaben des von der Hamas kontrollierten Medienbüros flüchteten in den vergangenen Tagen rund 200.000 Palästinenser aus dem Norden des Gebietes.