
Urteil des EGMR Zu wenig Schutz vor sexueller Gewalt in Frankreich
Seit dem Fall Pelicot wird in Frankreich heftig über sexuelle Gewalt diskutiert. Ein Urteil des Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte wirft ein schlechtes Licht auf die französische Justiz.
Vor dem Menschenrechtsgerichtshof in Straßburg ging es um die Klagen von drei jungen Frauen aus Frankreich. Sie hatten vorgebracht, als Minderjährige vergewaltigt worden zu sein. Doch die mutmaßlichen Täter waren von der französischen Justiz nicht wegen Vergewaltigung verurteilt worden.
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) findet dazu jetzt deutliche Worte: Die französische Justiz habe die betroffenen Frauen nicht ausreichend geschützt. Und die dortigen Strafgesetze seien grundsätzlich nicht effektiv genug, um nicht einvernehmlichen Sex zu bestrafen. Frankreich habe seine Pflichten verletzt, zum Schutz vor sexueller Gewalt ein effektives Strafrechtssystem zu schaffen.
Viele Mängel im Justizsystem
In den vorliegenden Fällen hätten französische Gerichte den Aussagen der jungen Frauen nicht dasselbe Gewicht beigemessen wie denen der Angeklagten. Auch seien während der Verfahren Äußerungen gefallen, die den Frauen die Schuld an den Taten gaben. Damit habe die französische Justiz die Würde und die Menschenrechte der Frauen verletzt. Frankreich muss ihnen nun Entschädigungen in Höhe von 15.000 bis 25.000 Euro zahlen.
Seit dem Prozess um die vielfache Vergewaltigung von Gisèle Pelicot wird in Frankreich heftig über sexuelle Gewalt diskutiert. Der Ehemann von Gisèle Pelicot und Dutzende anderer Männer hatte sie über Jahre betäubt und vergewaltigt. Im März hatte auch die Tochter von Gisèle Pelicot ihren Vater angezeigt, sie in einem Zeitraum von mutmaßlich zehn Jahren immer wieder betäubt und sexuell missbraucht zu haben.