
Leo XIV. als Vermittler Was kann der Vatikan für die Ukraine bewirken?
Papst Leo XIV. bietet Unterstützung in den Bemühungen um Frieden in der Ukraine an. Doch kann und soll er dabei überhaupt neutral sein? Und was kann der Vatikan dabei eigentlich bewirken?
Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni machte es als erste öffentlich: Der Heilige Stuhl stehe als Ort für Verhandlungen bereit, um den Krieg in der Ukraine zu beenden. Nach einem Telefonat mit Papst Leo XIV. betonte sie ihre "tiefe Dankbarkeit für den kontinuierlichen Einsatz des Papstes für den Frieden".
Leo XIV. hatte zwar bereits bei seinen ersten Worten nach der Wahl zum Papst den Frieden in den Mittelpunkt gestellt. Gleichzeitig vermittelt er aber den Eindruck, er wolle Reaktionen vermeiden, wie es sie nach Aussagen seines Vorgängers Franziskus gegeben hatte.
Der hatte vor rund einem Jahr viel Kritik für seinen Aufruf auf sich gezogen, die Ukraine müsse "Mut zu Friedensverhandlungen" und "zur weißen Fahne" haben. Franziskus erklärte zwar schnell, er wolle sich keinesfalls nur auf die Seite Russlands stellen, verminderte damit aber kaum die Kritik.
Unterstützung für Selenskyj
Der Vatikan und Papst Leo XIV. haben in den vergangenen Wochen nun deutlich gemacht, wo sie stehen: an der Seite des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj. Am Rande der Beerdigung von Papst Franziskus Ende April ermöglichte der Vatikan ein Gespräch von Selenskyj mit US-Präsident Donald Trump.
Ein Foto, das Trump und Selenskyj während einer offensichtlich ernsthaften Unterredung zeigt, vermittelte eine ganz andere optische Botschaft als Bilder aus dem Weißen Haus von Ende Februar, als Trump und sein Vizepräsident JD Vance den ukrainischen Präsidenten öffentlich harsch zurechtwiesen.
Zudem nahm Papst Leo XIV. sich am vergangenen Sonntag schon kurz nach seiner Amtseinführung Zeit, um mit Selenskyj im Rahmen einer Privataudienz zu sprechen. Während der Amtseinführung selbst hatte der Papst neben den Konflikten in Gaza und Myanmar auch den Krieg in der Ukraine ausdrücklich kritisiert.
Brücke in die USA
Bei der Hoffnung, dass der Vatikan eine Vermittlerrolle einnimmt, könnte auch die Staatsangehörigkeit des neuen Papstes eine Rolle spielen. Robert Prevost, wie der Papst mit bürgerlichem Namen heißt, hat zwar eine sehr internationale Biografie mit langen Stationen im Ausland.
Aber als erster Papst, der in den USA geboren wurde, wird ihm ein besonders direkter Draht in die US-Regierung zugetraut. Der könnte auch dadurch erleichtert werden, dass US-Außenminister Marco Rubio wie auch Vizepräsident Vance Katholiken sind.
Diplomatische Gratwanderung
Gleichzeitig betont der Vatikan immer wieder, er wolle eine strikt neutrale Rolle einnehmen, wenn er als Vermittler auftritt. Und Papst Leo XIV. macht auch deutlich, dass er keine Konflikte mit anderen Zweigen des Christentums heraufbeschwören möchte.
Bei seinen Aufrufen zur Einigkeit aller Christen bezieht er nicht nur die katholischen Ostkirchen ein, sondern auch die orthodoxen Kirchen. Die Spitze der russisch-orthodoxen Kirche unterstützt allerdings Kremlchef Wladimir Putin und dessen Angriffskrieg auf die Ukraine.
Lange Geschichte als Friedensvermittler
In Veröffentlichungen des Vatikan wird immer wieder darauf hingewiesen, dass der Heilige Stuhl auf eine lange Tradition als Friedensvermittler zurückschauen könne. Als Beispiel wird etwa ein Abkommen genannt, mit dem Chile und Argentinien 1984 unter Vermittlung des Vatikan langjährige Grenzstreitigkeiten beilegten. Auch eine Vermittlung des Heiligen Stuhls zwischen dem Deutschen Kaiserreich und Spanien, die im 19. Jahrhundert als Kolonialmächte im Pazifik in einen Konflikt verstrickt waren, gilt als Erfolg des Vatikan.
Allerdings ist der Heilige Stuhl bei etlichen Friedensbemühungen auch erfolglos geblieben. Das gilt nach Einschätzung vieler Historiker vor allem für den Ersten Weltkrieg oder den Vietnamkrieg.
Nach den aktuellen Äußerungen des Vatikan und von Papst Leo XIV. geht es momentan auch nicht darum, dass das Kirchenoberhaupt selbst Gespräche über die Zukunft der Ukraine mitgestaltet. Es geht vielmehr darum, dass der Vatikan sich als Ort anbietet. Dabei würde der Kleinststaat auch die Logistik Italiens in Anspruch nehmen, etwa was Sicherheitskräfte angeht.
Italiens Regierungschefin Meloni hat keinen Zweifel daran gelassen, dass sie es unterstützen würde, wenn es Gespräche im Vatikan gibt - und damit im Herzen der italienischen Hauptstadt.