AfD-Chefin Weidel im Bundestag

Einstufung des Verfassungsschutzes Medien veröffentlichen Gutachten zur AfD

Stand: 14.05.2025 19:10 Uhr

Der Verfassungsschutz stufte die AfD Anfang Mai als gesichert rechtsextremistisch ein - ein Gerichtsurteil dazu steht noch aus. Nun haben Medien das eigentlich geheime Gutachten veröffentlicht. Mit welchen Folgen?

Mehrere Medien haben das eigentlich als Verschlusssache eingestufte neue Verfassungsschutzgutachten zur AfD veröffentlicht (PDF). Ob und gegebenenfalls welche Folgen das nach sich zieht, ist noch unklar.

Das Bundesamt für Verfassungsschutz hatte am 2. Mai nach mehrjähriger Prüfung bekanntgegeben, die AfD fortan als gesichert rechtsextremistische Bestrebung zu führen. Die Partei hat vor dem zuständigen Verwaltungsgericht Köln eine Klage und einen Eilantrag dagegen eingereicht und will dem Inlandsnachrichtendienst gerichtlich untersagen lassen, dass er sie so einordnet und behandelt.

Entscheidung im Eilverfahren offen

Wegen der ausstehenden Gerichtsentscheidung bezeichnet das Bundesamt die Partei vorerst nicht mehr öffentlich als gesichert rechtsextremistische Bestrebung und beobachtet sie auch nicht dementsprechend. Der Inlandsnachrichtendienst gab im Rechtsstreit mit der AfD eine sogenannte Stillhaltezusage ab. Wann die Entscheidung im Eilverfahren getroffen wird, ist noch nicht bekannt.

Die AfD gilt unterdessen weiterhin als sogenannter Verdachtsfall. Gegen diese Einstufung hatte die Partei ebenfalls geklagt - erfolglos. Ein entsprechendes Urteil des Oberverwaltungsgerichts Münster ist noch nicht rechtskräftig.

In der Vergangenheit war es üblich, dass ein Gutachten anfangs nur im Bundesamt für Verfassungsschutz vorlag, im Bundesinnenministerium sowie bei den Verfassungsschutzämtern und -abteilungen der Länder. Wenn es zu einem Verfahren bei Gericht kommt, erhält es neben dem Gericht dann auch der Kläger.

Juristische Folgen sind unklar

Auf eine Anfrage nach möglichen juristischen Schritten wegen der Veröffentlichungen antwortete das Bundesinnenministerium nicht direkt. Es verwies stattdessen auf die Gesetzeslage. Demnach stellen die Geheimschutzbeauftragten der betroffenen Behörden, wenn der Verdacht eines Verstoßes gegen die Verpflichtung zur Verschwiegenheit besteht, "den Sachverhalt fest und treffen die erforderlichen Maßnahmen". Was das im konkreten Fall genau bedeutet, ließ das Ministerium auf erneute Nachfrage der Nachrichtenagentur dpa offen.

Das Magazin Cicero, das neben anderen Medien das Gutachten veröffentlichte, rechtfertigte sein Vorgehen. "Wir glauben daran, dass Demokratie nicht ohne Transparenz und kritische Öffentlichkeit funktionieren kann. Und wir sprechen jedem Bürger das Recht zu, sich seine eigene Meinung zu bilden", erklärte das Magazin.

Viele Aussagen ohnehin öffentlich

Laut Cicero gibt es keine relevanten geheimdienstlichen Quellen, die es durch eine Nichtveröffentlichung des Gutachtens zu schützen gelte. Der Verfassungsschutz verfüge in Sachen AfD im Grunde über keinerlei geheimdienstlich relevante Erkenntnisse. Er stütze sich fast ausschließlich auf öffentlich zugängliche Quellen.

Dazu zählen unter anderem Äußerungen des Thüringer AfD-Landesvorsitzenden, Björn Höcke, bei einer Wahlkampfveranstaltung 2024, wo er demnach unter anderem sagte: "Die Kartellparteien schaffen sich gerade ein neues Volk. Freunde, das müssen wir verhindern, sonst verlieren wir diese Demokratie."

Einstufung der AfD
Das Bundesamt für Verfassungsschutz hat die AfD im Mai 2025 "aufgrund der die Menschenwürde missachtenden, extremistischen Prägung der Gesamtpartei als gesichert rechtsextremistische Bestrebung" eingestuft.

Die AfD klagt gegen die Hochstufung. Wegen der rechtlichen Befassung hat der Verfassungsschutz nun eine "Stillhaltezusage" abgegeben. Das bedeutet, dass es die Einstufung bis zu einer juristischen Klärung im Eilverfahren vorläufig aussetzt und auch die Pressemitteilung dazu löscht. Gleichzeitig hat das Amt damit aber keine Aussage zur Sache getroffen. Die Stillhaltezusage ist also kein Eingeständnis, etwas falsch gemacht zu haben. Sie sagt auch nichts darüber aus, wie groß die Erfolgsaussichten von AfD-Eilantrag und -Klage sind.

Begründet hatte der Verfassungsschutz die Hochstufung in der Pressemitteilung zuvor unter anderem so: "Das in der Partei vorherrschende ethnisch-abstammungsmäßige Volksverständnis ist nicht mit der freiheitlichen demokratischen Grundordnung vereinbar." Es ziele darauf ab, bestimmte Bevölkerungsgruppen von einer gleichberechtigten gesellschaftlichen Teilhabe auszuschließen.

Während mehrere AfD-Landesverbände bereits seit Längerem als "gesichert rechtsextremistisch" bewertet werden, galt die Gesamtpartei zuvor als sogenannter Verdachtsfall. Der neuen Einstufung ging eine dreijährige Prüfung durch den Verfassungsschutz voraus.

Gutachten umfasst mehr als 1.100 Seiten

Kritisch beleuchtet wird in dem mehr als 1.100 Seiten umfassenden Dokument unter anderem auch die Positionierung der Partei zum Nationalsozialismus. So schreibt der Verfassungsschutz etwa, die Behauptung von Hans-Thomas Tillschneider, AfD-Landtagsabgeordneter in Sachsen-Anhalt, "ausschließlich die NS-Führungsriege habe Verbrechen begangen und das deutsche Volk sei dem wehrlos ausgesetzt gewesen", widerspreche den Forschungsergebnissen der internationalen Geschichtswissenschaft.

Angesichts einer Vielzahl von verfassungsschutzrelevanten Äußerungen von mehreren Hundert Parteimitgliedern sei der Zahl der bekanntgewordenen Parteiordnungsmaßnahmen gering, bilanziert der Verfassungsschutz an anderer Stelle in dem Gutachten.