
Wiederverwertung und Reparatur Was wird aus dem Ziel der Kreislaufwirtschaft?
Wiederverwenden statt wegwerfen und dabei den Geldbeutel und die Umwelt schonen: Die Ampel-Regierung hatte eine Kreislaufwirtschaftsstrategie verabschiedet. Wie geht es damit weiter?
In den Räumen der Hochschule Aalen bewegt sich der Arm des Sortier-Roboters "Recyclebot" vorsichtig über ein Laufband. Darauf: leere Joghurtbecher, Tetra-Packs und Gummibärchen-Tüten. Haushaltsmüll, wie er vielfach in Abfallanlagen erst von Maschinen und dann von Hand sortiert wird.
Doris Aschenbrenner von der Hochschule Aalen erläutert: "Wir glauben, dass wir besser, sortenreiner trennen können, wenn wir künftig künstliche Intelligenz und Robotik einsetzen. Das ist natürlich gut für die Gesamtgesellschaft, weil Plastik aus Erdöl hergestellt wird und wird dann weniger Erdöl zu Plastik verarbeiten." Der "Recyclebot" ist dafür mit Kameras, Sensoren und Infrarot ausgestattet. So scannt er den Müll und entscheidet mithilfe künstlicher Intelligenz, damit möglichst viele Stoffe wiederverwendet werden können.
Wenige Importe, gut für die Umwelt
Projekte wie diese sollen Deutschland unabhängiger machen von teuren Rohstoffimporten und anfälligen Lieferketten. Gleichzeitig können sie die Umwelt schonen und den CO2-Ausstoß senken. Das Umweltministerium fördert das Vorhaben noch bis Anfang 2026 mit rund zwei Millionen Euro.
Die alte Bundesregierung hatte eigens eine Strategie für Kreislaufwirtschaft erarbeitet - in einem aufwendigen Prozess zusammen mit Unternehmen und mit Umweltverbänden. Ziel ist es, Abfall zu vermeiden und weniger Ressourcen zu verbrauchen. Dafür sollen beispielsweise Produkte so entwickelt werden, dass sie einfacher zu reparieren sind oder Einzelteile wiederverwendet werden können.
Trotz des Scheiterns der Ampel-Regierung hatte das Kabinett die Nationale Kreislaufwirtschaftsstrategie Anfang Dezember verabschiedet. Aus Sicht der inzwischen geschäftsführenden Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) damals ein großer Schritt: "Deutschland setzt sich damit an die Spitze des Wandels: als Technologieführer, als Vordenker für Kreislaufwirtschaft in Wirtschaft und Gesellschaft."
Wie hält es Schwarz-Rot damit?
Im Koalitionsvertrag von Union und SPD bekennen sich die - wahrscheinlich künftigen - Koalitionäre zur Kreislaufwirtschaftsstrategie. "Unser Ziel ist, den Primärrohstoffverbrauch so weit wie möglich zu reduzieren, heimische sowie europäische Ressourcen besser zu nutzen, Rohstoffimporte zu diversifizieren und Handels- und Rohstoffpartnerschaften auf Augenhöhe abzuschließen." Aber was genau heißt das?
Manche Umweltverbände vermissen konkrete Maßnahmen. Heike Vesper, Vorständin beim WWF kritisiert, dass der Koalitionsvertrag weder die Lebensgrundlagen noch die Zukunft des Wirtschaftsstandortes Deutschlands ausreichend absichere. Die nationale Kreislaufwirtschaftsstrategie müsse ambitioniert umgesetzt werden, so der Umweltverband.
Auch in Teilen der Wirtschaft gibt es kritische Stimmen. Katharina Reuter vom Bundesverband Nachhaltige Wirtschaft befürchtet Einschnitte, weil im Koalitionsvertrag alles unter Finanzierungsvorbehalt steht. Sie sehe zwar, dass man einerseits das Klima schützen wolle, andererseits aber auch an fossilen Zöpfen festhalte, wie sie sagt, die daran hinderten, die Klimaziele zu erreichen.
Finanzielle Anreize gefordert
Michael Thews aus der SPD-Fraktion räumt ein: "Das war auch das Problem der letzten Legislaturperiode, zu wenig Entscheidungen, zu wenig Gesetz." Gerade die Industrie und die Verbände warteten auf echte Entscheidungen. "Denn Investitionen werden nur ausgelöst, wenn die Gesetze auch wirklich vorliegen und die Menschen wissen, worauf sie sich einstellen können", so der Fachpolitiker.
Beispiel Plastik: Firmen, die recycelte Kunststoffe einsetzen wollen, müssen dafür oft doppelt so viel bezahlen wie für fabrikneues Plastik. Diesen Wettbewerbsnachteil sieht Katharina Reuter vom Wirtschaftsverband BNW kritisch. Sie fordert finanzielle Anreize beziehungsweise einen Ausgleich für den Einsatz sogenannter Rezyklate. So sei das Erdöl für die Kunststoffproduktion immer noch von der Energiesteuer befreit.
SPD-Politiker Thews sieht weitere Schwierigkeiten: "Auf der einen Seite haben wir Recyclingquoten, auf der anderen Seite aber nicht den passenden Einsatz dafür. Wir müssen die Dinge so umzusetzen, dass sie auch eingesetzt werden in Produkten."
Aufgabe für das bald SPD-geführte Umweltministerium
In einem Eckpunktepapier wollen Christ- und Sozialdemokraten nun zügig sammeln, welche konkreten Maßnahmen sich kurzfristig umsetzen lassen. Währenddessen sind sie in Aalen mit dem Recyclebot schon einen Schritt weiter. Demnächst soll er erstmals in einer Recyclinganlage zum Einsatz kommen - wegen organisatorischer Hürden zwar erst im Sommer, aber immerhin: Es geht voran.
Im künftig SPD-geführten Umweltministerium wird die Nachfolge von Steffi Lemke zeigen müssen, ob und wie es mit der Kreislaufstrategie im Detail - und letztlich insgesamt - vorangeht.