
Offene Personalie Gesucht: Richter am Bundesverfassungsgericht
Beim Bundesverfassungsgericht muss dringend eine Richterstelle neu besetzt werden, per Wahl im Bundestag. Da sich die Parteien bisher nicht auf eine Personalie einigen konnten, macht das Gericht nun selbst Vorschläge.
Eigentlich könnte Josef Christ, Richter am Ersten Senat des Bundesverfassungsgerichts, schon längst seinen Ruhestand genießen. Ende November 2024 wurde er 68 Jahre alt und erreichte damit die Altersgrenze, die für alle Richterinnen und Richter gesetzlich vorgeschrieben ist. Doch die Nachbesetzung seiner Stelle blieb bisher erfolglos.
Ein Nachfolger oder eine Nachfolgerin muss vom Bundestag gewählt werden. Erforderlich ist dabei eine Zweidrittelmehrheit. Sinn und Zweck dieser Regelung: Die Richterinnen und Richter sollen von einer breiten politischen Mehrheit getragen werden. So lässt sich in der Regel auch vermeiden, dass Personen ins Gericht nachrücken, die Extrempositionen vertreten.
Das Vorschlagsrecht, das sich die Parteien im Wechsel zugestehen, liegt aktuell bei der Union. Doch die konnte sich mit ihrem bisherigen Personalvorschlag nicht durchsetzen.
Kandidat der Unionsfraktion fiel durch
Klar ist: Für die Nachbesetzung der Stelle von Richter Christ kommt nur jemand in Frage, der bisher bei einem der obersten Bundesgerichte tätig war. Das sind der Bundesgerichtshof, das Bundesverwaltungsgericht, Bundesarbeitsgericht, Bundessozialgericht oder der Bundesfinanzhof.
Nominiert hatte Unionsfraktion im Bundestag im vergangenen Jahr ursprünglich Robert Seegmüller, Richter am Bundesverwaltungsgericht in Leipzig. Doch SPD und Grüne lehnten ihn ab. Seegmüller, so ihre Kritik, sei "erzkonservativ". Außerdem habe er sich sehr kritisch über das geltende Asylrecht geäußert.
Dann geriet auch noch der Zeitplan durcheinander, aufgrund der vorgezogenen Bundestagswahl. Kurz vor der Wahl forderte Renate Künast von den Grünen das Bundesverfassungsgericht schriftlich dazu auf, eigene Personalvorschläge zu machen. Künast tat dies als ältestes Mitglied des Wahlausschusses des Bundestages. Dieses Verfahren ist gesetzlich genau geregelt - in Paragraph 7a des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes (BVerfGG).
Verfassungsgericht mit drei Personalvorschlägen
Nun hat das Bundesverfassungsgericht seine Vorschläge präsentiert und öffentlich gemacht. Auf der Liste steht zum einen Günter Spinner, derzeit tätig als Vorsitzender Richter am Bundesarbeitsgericht in Erfurt. Zwei weitere Vorschläge entfallen auf Personen, die beim Bundesgerichtshof in Karlsruhe arbeiten: die Vorsitzende Richterin Eva Menges und Richter Oliver Klein.
Mit den Personalvorschlägen ist nun wieder der Bundestag am Zug. Aus der Mitteilung des Bundesverfassungsgerichts lässt sich entnehmen, dass es sich um Vorschläge handelt, bei denen es die politischen Gepflogenheiten mitberücksichtigt hat. Sprich: Die drei Vorschläge dürften der Union genehm und darüber hinaus parteiübergreifend konsensfähig sein. Wichtig dabei ist, dass der Bundestag nicht an die Vorschläge des Gerichts gebunden ist. Es könnte also noch auch auf andere Kandidatinnen oder Kandidaten hinauslaufen.
Die Linke muss eingebunden werden
Spannend wird nun die Frage sein, ob sich die Fraktionen im Bundestag auf einen Personalvorschlag einigen können. Umso mehr, weil sich nach der Bundestagswahl die Mehrheitsverhältnisse im Parlament stark verändert haben. Union, SPD und Grüne kommen gemeinsam nicht mehr auf zwei Drittel der Sitze im Plenum, die für eine Wahl erforderlich sind. Sie sind daher auf die Stimmen der Linken angewiesen.
Deren Partei- und Fraktionsspitzen haben bereits angedeutet, dass sie bei der Nachbesetzung im Bundesverfassungsgericht konstruktiv mitwirken wollen. Es ist davon auszugehen, dass die Linke bei künftigen Personalvorschlägen ein gewichtiges Wörtchen mitreden möchte. Bisher wurde sie von den anderen Parteien nicht mit eingebunden. Dass Union, SPD und Grüne anstelle der Linken die AfD mit ins Boot holen werden, um die Zweidrittelmehrheit stemmen zu können, gilt als ausgeschlossen.
Weitere Nachbesetzungen in Karlsruhe
Für dieses Jahr stehen noch weitere Nachbesetzungen beim Bundesverfassungsgericht an. Zum einen will Richter Ulrich Maidowski, der dem Zweiten Senat angehört, aus gesundheitlichen Gründen vorzeitig ausscheiden. Zum anderen wird im Juni Doris König, die Vorsitzende Richterin des Zweiten Senats, 68 Jahre alt und erreicht damit ebenfalls die gesetzliche Altersgrenze.
Dieser Personalwechsel ist besonders interessant: König ist Vizepräsidentin des Gerichts. Steht die Nachfolge fest, übernimmt der Nachfolger oder die Nachfolgerin in der Regel ebenfalls den Vizepräsidentenposten - und wird 2030 an die Spitze des Gerichts rücken, wenn die Amtszeit des derzeitigen Präsidenten Stephan Harbarth endet. Bei der Nachfolge von Doris König hat die SPD turnusgemäß das Vorschlagsrecht.