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Mecklenburg-Vorpommern "Gemeinsam statt einsam": Kleine Handgriffe für große Wohlfühlmomente

Stand: 07.06.2025 11:45 Uhr

Das Projekt "Gemeinsam statt einsam" des "Regionalen Beruflichen Bildungszentrums Wirtschaft und Verwaltung Neubrandenburg" bringt junge Friseure und Kosmetikerinnen in Ausbildung und Senioren für einen "Wohlfühltag" zusammen. Dabei geht es nicht nur um einen Haarschnitt, sondern vor allem um Begegnungen gegen die Einsamkeit. Das Projekt wurde vor kurzem mit dem Ehrenamtspreis MV 2025 ausgezeichnet.

Von Ricarda Zunk

"Achtet bitte darauf, dass ihr lächelt, ihr sagt ganz freundlich 'Guten Tag', gebt vielleicht auch noch mal die Hand…" - die Berufsschullehrerinnen Anja Großkopf und Diana Melzer erinnern ihre Schülerinnen und Schüler aus den Bereichen Friseur und Kosmetik noch einmal daran, was sie im Vorfeld besprochen haben. Ein besonderer Projekttag liegt vor ihnen. Acht Auszubildende wollen älteren Menschen einen kostenlosen Wohlfühltag bereiten. Alles, was sie in der Ausbildung schon gelernt haben, wollen sie den Senioren anbieten.

Eine Idee aus der Schulsozialarbeit

Doch niemand erwartet Perfektion von den jungen Leuten. Sie lernen im ersten Lehrjahr am "Regionalen Beruflichen Bildungszentrum Wirtschaft und Verwaltung Neubrandenburg". Die Senioren seien entsprechend vorbereitet "und sie sind auch sehr, sehr dankbar", erklärt Anja Großkopf. Kleine Fehler dürfen sein. "Es geht eigentlich um die Begegnung, um den Moment, dieses gemeinsame Zuhören, Erzählen, mal die andere Welt kennenlernen", sagt Schulsozialarbeiterin Julia Gedack. Ihr kam die Idee für das Projekt. Sie sieht es als eine ihrer Aufgaben an, den jungen Menschen mehr mitzugeben als den normalen Schulstoff.

Mehr als Waschen, Schneiden und Gesichtsmasken auflegen

Kommunikationskompetenz, Humankompetenz, Sozialkompetenz, all das sollen die jungen Leute neben der Theorie am Beruflichen Bildungszentrum erlernen. Dazu gehört auch, dass sie lernen, mit Menschen umzugehen, die deutlich älter sind als sie selbst oder auch "damit leben lernen, dass man eben das umsetzt, was der Kunde haben möchte", erklärt Anja Großkopf. Waschbecken, Haarklammern, Handtücher, Scheren, Fön - im Übungssalon an der Schule ist alles vorbereitet. Julie Wagner schneidet einer älteren Dame die Haare, kann dabei Handhaltung, Scherenhaltung, den Kontakt mit Kunden trainieren. Und den wissen die Senioren zu schätzen. "Die Atmosphäre ist sehr schön", sagt die Kundin. "Sonst geht man ja bloß rein beim Friseur und wieder raus und hat überhaupt keinen Kontakt."

"Wohlfühltag" soll einmal jährlich angeboten werden

Auch im Ruheraum in der Kervita Tagespflege Neubrandenburg haben die Auszubildenden aus dem Kosmetikbereich einen kleinen Salon eingerichtet. Ilse Giese und Martina Nadolski wollen sich heute verwöhnen lassen. Die Seniorinnen liegen entspannt zurückgelehnt in den großen ledernen Kosmetiksesseln. Behutsam legen die Auszubildenden jeder von ihnen ein nasses Tuch um das Gesicht - eine warme Kompresse als Begrüßung. Sie massieren ihnen die Hände, pflegen ihre Nägel und tragen Gesichtsmasken auf. "Ich mag es, Menschen eine Freude zu bereiten", erzählt Thea Decka. Sie ist sehr dankbar für die Möglichkeit. Genau das gönnen sich ältere Menschen oft nicht mehr, erzählt Lehrerin Diana Melzer. "Viele sagen dann einfach: 'Ich muss da nicht mehr hingehen, das ist nicht mehr wichtig, weil ich nicht mehr im Berufsleben stehe'". Ziel ist es, diesen "Wohlfühltag" nun einmal jährlich anzubieten.

Junge Hände einer Auszubildenden maniküren die Hände einer Seniorin

Gerade nach der Corona-Zeit, so ein Gedanke des Projekts, können ältere Menschen aus solchen Sinneserlebnissen schöpfen.

Projekt räumt auch Vorurteile aus dem Weg

Das Projekt könne auch gegen Vorurteile wirksam sein. "Diese Berufe werden ja in der Gesellschaft immer doch sehr niedrig bewertet" erzählt Berufsschullehrerin Diana Melzer. Man sei nicht "nur Friseur, nur Kosmetikerin", sondern viel mehr. "Diese Berufe geben ganz, ganz viel, vor allen Dingen Nähe und Aufmerksamkeit." Und genau das sei wichtig, gerade nach der Corona-Zeit und gerade für ältere Menschen. "Das, was durch die Entfernung passiert ist untereinander, wollen wir wieder zusammenbringen." Auf die Frage, wie es ihr gefällt, reagiert Ilse Giese gar nicht - kann sie auch gar nicht, denn sie und auch Martina Nadolski sind eingeschlafen. "Sie genießen, sie sind eingeschlafen, sind ganz ruhig. Das ist das größte Lob für unsere Schüler jetzt hier, dass man diese Anerkennung kriegt mit dieser Entspannung vor allen Dingen", sagt Diana Melzer mit einem Strahlen im Gesicht.

Dieses Thema im Programm:
NDR 1 Radio MV | Nachrichten aus Mecklenburg-Vorpommern | 30.05.2025 | 19:30 Uhr