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Mecklenburg-Vorpommern Neues Tourismusgesetz für MV: Viel Kritik, wenig Rückhalt

Stand: 14.04.2025 14:15 Uhr

Mecklenburg-Vorpommern will ein eigenes Gesetz für den Tourismus einführen – und wäre damit das erste Bundesland mit einer solchen Regelung. Doch die Kritik aus der Tourismusbranche am aktuellen Entwurf ist groß.

Von Celine Schmock

Mehr Geld, mehr Struktur, mehr Akzeptanz: Mit einem eigenen Gesetz will die Landesregierung den Tourismus in Mecklenburg-Vorpommern neu ordnen. Kommunen sollen verlässlich finanziert werden, Orte stärker zusammenarbeiten. So der Plan. Doch viele in der Branche zweifeln, ob das gelingt.

Zwei neue Abgaben für den Tourismus

Kern des Gesetzes ist ein neues Finanzierungsmodell: In sogenannten prädikatisierten Gemeinden - also anerkannten Kur-, Erholungs- und Badeorten - soll künftig verpflichtend eine Gästeabgabe erhoben werden. Diese Orte erfüllen bestimmte Standards, etwa bei Wasserqualität, Infrastruktur oder Erholungswert. Zusätzlich sollen Unternehmen, die vom Tourismus profitieren, über eine Tourismusabgabe an der Finanzierung beteiligt werden. Darunter etwa Hotels, Gastronomen oder Vermieter. Die bisherigen freiwilligen und uneinheitlichen Modelle sollen ersetzt werden. Das Ziel: Kommunale Haushalte entlasten und Investitionen in touristische Infrastruktur ermöglichen. Radwege, Veranstaltungen oder Mobilitätsangebote könnten profitieren.

Ein weiterer zentraler Baustein: Die touristische Organisation im Land soll neu strukturiert werden. Prädikatisierte Gemeinden müssen sich einer von sieben Destinationsorganisationen anschließen – darunter Fischland-Darß-Zingst, Mecklenburg-Schwerin oder Mecklenburgische Seenplatte. Diese Organisationen könnten dann touristische Aufgaben bündeln, wie gemeinsames Marketing oder den Einsatz von Fördermitteln. Und: Nur wer sich beteiligt, soll weiterhin Geld vom Land erhalten.

Bürgermeisterin: "Ich sehe keinen Vorteil für unsere Gemeinde"

Diese neuen Strukturen findet Graal-Müritz' Bürgermeisterin Benita Chelvier (CDU) vor allem kompliziert. "Die große Hoffnung war ja, dass mit so einem Gesetz Bürokratie abgebaut wird. Aber wenn wir den Entwurf lesen, ist es eher komplizierter geworden", sagt die Kommunalpolitikerin. In ihrer Gemeinde gebe es bereits funktionierende Strukturen: Eine eigene Tourismusabteilung, enge Kooperationen mit Nachbarorten und eine eigene Satzung für die Kurabgabe. "Ich persönlich sehe für unseren Ort aktuell keinen echten Vorteil durch das Gesetz", so Chelvier.

Tourismus-Staatssekretär: "Akzeptanz vor Ort erhöhen"

Ein weiteres Ziel des Gesetzes sei es auch, die Akzeptanz für den Tourismus in der Bevölkerung zu erhöhen, sagt Jochen Schulte (SPD), Staatssekretär im Wirtschaftsministerium. Gerade im Sommer stoße der Massentourismus mancherorts auf Widerstand. Laut Schulte solle mit dem Gesetz dann auch erreicht werden, "dass die Menschen im Land auch sehen, dass sie selbst etwas von der Entwicklung haben - und nicht nur die Belastungen spüren." Wie genau das passieren soll, bleibt im Entwurf allerdings vage, kritisiert auch die Bürgermeisterin von Graal-Müritz: "Das finden wir überhaupt nicht in dem Gesetz."

Unternehmer warnen: "Zusätzliche Belastung in schwierigen Zeiten"

In der Wirtschaft sorgt vor allem die geplante Tourismusabgabe für Unternehmen für Unmut. Peter Volkmann von der IHK zu Rostock befürchtet, dass Kommunen sich aus der Finanzierung zurückziehen könnten - während Unternehmen einspringen müssten, ohne dass insgesamt mehr Geld im System ankommt. Lars Schwarz, Präsident des Hotel- und Gaststättenverbands Dehoga MV, sagt: "Ich kenne niemanden in der Branche, der diesen Entwurf gut findet." Es habe kaum echte Beteiligung gegeben: "Es gab ein paar Alibiveranstaltungen mit Teilen der Branche, aber unsere Kritik wurde nicht angenommen." Die ursprüngliche Idee sei verloren gegangen. Mitte der Legislatur sei eine Vollbremsung gezogen worden, übrig sei laut Schwarz nur ein Entwurf, mit dem der Koalitionsvertrag abgearbeitet werden solle.

Industrie- und Handelskammer kritisiert geplantes Tourismusgesetz

Bäderverband: Kur- und Erholungsorte nicht berücksichtigt

Auch der Bäderverband MV, der viele Kur- und Erholungsorte vertritt, meldet Bedenken. Geschäftsführerin Annette Rösler sagt: "Viele Akteure vor Ort haben sich schon 2023 mit umfangreichen Vorschlägen eingebracht - passiert ist damit wenig." Sie kritisiert, dass Orte mit besonderen Anforderungen - etwa an medizinische Infrastruktur oder Wasserqualität - im Gesetz kaum differenziert behandelt werden. "Gerade Orte wie Heiligendamm oder Heringsdorf haben ganz andere Bedürfnisse als klassische Ferienorte. Im Entwurf gibt es dafür keine Lösungen."

Viele offene Fragen und kein Zeitdruck

Im Wirtschaftsministerium will man die teils scharfe Kritik jetzt auswerten. Staatssekretär Jochen Schulte betont: "Mir ist es lieber, wir machen ein gutes Gesetz und nehmen uns die nötige Zeit dafür, als dass wir es schnell durch den Landtag bringen und es dann nicht funktioniert." Ein konkreter Zeitplan liegt nicht vor. Klar ist aber: Der Druck aus der Branche ist groß. Viele hoffen, dass aus dem Entwurf noch ein praxistaugliches Instrument wird und nicht nur ein symbolischer Gesetzesakt zur Umsetzung des Koalitionsvertrags.

Dieses Thema im Programm:
NDR 1 Radio MV | Nordmagazin | 14.04.2025 | 19:30 Uhr