Das Warnowquartier soll am Rostocker Osthafen entstehen.

Mecklenburg-Vorpommern Warnowquartier: Scheitert Rostocker Vorzeigeprojekt vor erstem Spatenstich?

Stand: 18.04.2025 07:29 Uhr

Wohngebiet, Arbeitsort, Modellprojekt: An das "Warnowquartier" in Rostock bestehen hohe Erwartungen. Es geht auch um große Fördersummen. Doch die Stadt steckt in einem Dilemma.

Von Jürgen Opel

Ein "modernes, urbanes, grünes und innovatives Wohngebiet" am östlichen Ufer der Unterwarnow soll es werden. "Neuer Lebensraum" für rund 2.000 Bewohner und Arbeitsort für bis zu 1.000 Rostocker, heißt es in der Bewerbung der Stadt. Und weil das Quartier eines von deutschlandweit sieben Modellvorhaben ist, winken mehr als 32 Millionen Euro vom Bund. Doch ob dieses Geld kommt, ist - anders als gedacht - längst nicht entschieden. Ebenso unklar ist, ob sich überhaupt jemand findet, der auf dem Filetgrundstück bauen will - oder kann. Eine dramatische Wendung, die Stadt, Wohnungsunternehmen und Bund gleichermaßen fordert.

Tafelsilber soll nicht verkauft werden

Anfang des Monats gab es ein Treffen zwischen Vertretern der Stadtverwaltung und der Wohnungswirtschaft. Das Thema: Die Vermarktung der Grundstücke auf dem Gelände des geplanten neuen Wohnquartiers. Das Problem: Werden diese per Erbbaurecht vergeben oder aber können diese Grundstücke gekauft werden, um darauf zum Beispiel Wohnungen zu bauen?

Die angenommene Richtung schien klar. Denn Bund und Land fördern im Besonderen die öffentliche Erschließung der Grundstücke. Aber nicht, wenn diese dann für die Bebauung verkauft werden. Das Prinzip: Steuergeld gibt es für die Kommune, nicht aber für mehr oder minder private "Akteure der Wohnungsbaubranche". Das ist ein mindestens seit 2021 bekannter Grundsatz, der flankiert wird durch die Entscheidung der Bürgerschaft 2018, dass kommunale Grundstücke, also das sogenannte "kommunale Tafelsilber", grundsätzlich im Erbbaurecht zu vergeben sind. Nichts Neues also.

Wer baut, will Eigentum

Investoren und auch Wohnungsbauunternehmen finden Erbbaurecht nicht besonders attraktiv. Die Erbzinszahlung macht das Bauen und Vermieten teuer, der Grundstückseigentümer - also die Stadt - hat das Sagen. Letztlich gilt in der Branche: Was ich habe, das habe ich. Auch diese Grundstimmung war der Stadt bekannt. Überrascht aber wurde sie im April von der klaren Ansage der Unternehmen und möglichen Investoren: Wenn wir nicht kaufen können, dann bauen wir auch nicht im Warnowquartier. Modellprojekt hin oder her.

Dilemma für die Stadt Rostock

Damit steckt die Stadt im Dilemma. Entweder, sie verkauft die Grundstücke an der Warnow, dann gehen die Fördermillionen an Rostock vorbei. Oder aber sie kassiert das Geld von Bund und Land, findet aber niemanden, der sich leisten kann oder will, dort zu bauen. Das ist eine Zwickmühle.

Auf NDR Anfrage heißt es aus der Stadtverwaltung, dass die Alternativen neu gerechnet werden müssen und im Mai der Rostocker Bürgerschaft ein Vorschlag zur Entscheidung vorgelegt wird. Wegen der angespannten Haushaltslage scheint aber sicher zu sein, dass die Stadt nicht mal ebenso für Bund und Land als Financier einspringen kann.

Abgesang in den Vorwehen?

Damit das Warnowquartier durch die Geldgeber überhaupt als "urbanes, innovatives, kreatives Modellvorhaben" identifiziert werden konnte, wurde ein Mehrgenerationenhaus und die neuen Theaterwerkstätten für das Volkstheater ins Wohngebiet hinein geplant. Das sind zwei Projekte, die wohl bereits heute zu beerdigen sind.

Keine Grundlage für Mehrgenerationenhaus

Für das sogenannte Mehrgenerationenhaus gebe es keine Grundlage mehr, heißt es aus der Stadtverwaltung. Gründe hierfür sind "die hohen Kosten des Vorhabens, die extrem teure Pflegeplätze zur Folge hätten und die eingebrochenen Geburtenzahlen, die eine neue Kita unnötig machen". Deshalb wurde beantragt, das geplante Fördergeld für das Mehrgenerationenhaus auf die Theaterwerkstätten "umzuschichten". Das ginge nur, solange die Förderfähigkeit des Gesamtmodellvorhabens erhalten bleibt. Diese Förderfähigkeit hängt aber an der Vergabe der Grundstücke im Erbbaurecht.

Bau der Theaterwerkstätten wäre "nicht wirtschaftlich"

Aus Sicht der Stadt beißt sich an dieser Stelle die Katze in den Schwanz. In einer Stellungnahme heißt es: "Da sich die Kosten (beim Bau der Theaterwerkstätten) gegenüber der anfänglichen Schätzung im Wettbewerb nahezu verdoppelt haben, wäre das Projekt ohne die Fördermittel des Bundes inkl. der Umschichtung aus dem Mehrgenerationenhaus nicht wirtschaftlich und müsste infrage gestellt werden".

Kosten von 57 Millionen Euro

Nach letztem Stand hatte das Warnowquartier in Summe ein Budget in Höhe von etwa 57 Millionen Euro. Die Fördermittel, alles inklusive, werden mit 32,5 Millionen Euro angegeben. Einer städtischen Hochrechnung von Ende Februar ist zu entnehmen, dass rund 2,7 Millionen Euro bereits ausgegeben wurden. Außer Spesen nichts gewesen?

Dieses Thema im Programm:
NDR 1 Radio MV | Nachrichten aus Mecklenburg-Vorpommern | 18.04.2025 | 08:00 Uhr