Rico Reißmann Zeitz Extremwanderer, bei der Rückkehr in Zeitz

Sachsen-Anhalt "Die Menschen sind wundervoll" – Was Rico Reißmann aus Zeitz auf seiner Weltreise gelernt hat

Stand: 05.06.2025 09:59 Uhr

Zehn Jahre lang war Rico Reißmann zu Fuß in der Welt unterwegs. Er wanderte durch 32 Länder und legte 33.000 Kilometer zurück. Er schlief im Zelt und zog seinen Bollerwagen. Nun ist der gebürtige Zeitzer zurück in seiner Heimat – und hat einiges über die Welt gelernt.

Von Daniel George, MDR SACHSEN-ANHALT

Am Ende flossen die Tränen. Rico Reißmann erinnert sich noch genau an den Moment, an dem ihm bewusst wurde, dass seine lange Reise bald ein Ende finden würde. Eine letzte Grenzüberquerung, von der Schweiz über den Rhein nach Deutschland. Zurück nach Hause. Zurück nach Sachsen-Anhalt. Zu Fuß mit seinem Bollerwagen, wie immer seit zehn Jahren.

"Als ich da vor der Brücke stand und die deutsche Flagge auf der anderen Seite gesehen habe, hatte ich einfach nur Tränen in den Augen", sagt Rico Reißmann, 39 Jahre alt und gebürtig aus Zeitz. "Es hat mich dann auch echt Überwindung gekostet, rüberzugehen. Da war ich sehr emotional, weil mir bewusst geworden ist, dass dieser Schritt jetzt endgültig ist."

33.000 Kilometer durch 32 Länder

Vor wenigen Tagen dann die Ankunft am Ziel: Familie und Freunde empfingen den 39-Jährigen in Zeitz. Es war das Ende einer außergewöhnlichen Reise: Zehn Jahre lang wanderte Rico Reißmann um die Welt – 33.000 Kilometer weit, durch 32 Länder. "Es waren gute zehn Jahre, zehn erfüllende Jahre", sagt der Extremwanderer. Aber: "Jetzt ist es Zeit, wieder etwas anderes zu machen."

Einmal um die Welt: "Viel Zeit zum Nachdenken"

Eigentlich wollte Rico Reißmann höchstens vier Jahre lang unterwegs sein. 2015 fasste der damals 29-Jährige den Entschluss, einmal um die Welt zu wandern. Seine Freundin hatte sich gerade von dem gelernten Versicherungskaufmann getrennt. "Danach war ich leer. Leer im Kopf, leer im Herzen", sagt er. "Da war es an der Zeit, etwas Verrücktes zu tun."

Wie verrückt das Ganze werden würde, war damals nicht abzusehen. Um seinen Rücken zu schonen, verzichtete der Zeitzer auf einen Rucksack. Stattdessen packte er seinen Bollerwagen und zog los. "Dass es zehn Jahre dauern würde", sagt Reißmann, "damit hätte ich nicht gerechnet."

Sein Weg führte ihn erst nach Südosteuropa, später nach Asien, Australien und Ozeanien, außerdem nach Nordamerika. 32 Länder hat Rico Reißmann durchquert. "Ich wollte Länder und Leute kennenlernen und auch etwas über mich lernen", sagt er. "Wie weit kann ich kommen? Wie weit kann ich mit meiner Physis gehen? Und ich hatte viel Zeit zum Nachdenken."

Von der Villa bis zur Bambus-Hütte

Was er über sich und die Welt gelernt hat? "Was ich auf jeden Fall gelernt habe, ist, auf Menschen zuzugehen. Das ist ganz wichtig", sagt der 39-Jährige. Und: "Die Welt ist wundervoll. Die Menschen sind wundervoll. 99,9 Prozent der Leute sind super höflich und gastfreundlich. Klar, du triffst immer mal diesen einen Idioten. Aber ansonsten kann man nicht klagen."

Die Welt ist wundervoll. Die Menschen sind wundervoll. Rico Reißmann, Extremwanderer aus Zeitz |

Gerade die Gastfreundschaft hätte ihn immer wieder beeindruckt, erzählt Rico Reißmann. Das seien die schönsten Momente gewesen, wenn Einheimische ihn beispielsweise zum Übernachten eingeladen hätten. Normalerweise schlief der Wanderer im Zelt. "Von der Villa bis zur Bambus-Hütte war alles dabei", sagt er. "Für mich hat das auch keinen Unterschied gemacht. Da hat die Erfahrung gezählt."

Rico Reißmann Zeitz Extremwanderer, Picknick mit einer Familie im Iran

Die Gastfreundschaft beeindruckte Rico Reißmann immer wieder. Im Iran lud ihn eine Familie beispielsweise kurzerhand zum Picknick ein.

Was die Weltreise gekostet hat

Etwa 25.000 bis 30.000 Euro hat ihn seine Weltwanderung gekostet, schätzt Rico Reißmann. Finanzieren konnte das der Zeitzer dank Ersparnissen, zwischenzeitlichen Jobs und der Unterstützung von Familie und Freunden. Dreimal war er in all den Jahren zwischenzeitlich daheim: zur Hochzeit eines Freundes, zur Beerdigung seiner Oma und um einen neuen Reisepass zu beantragen. Den alten hatte er versehentlich mitgewaschen.

Während der Corona-Pandemie musste Reißmann seine Weltreise außerdem unterbrechen und weilte in der Heimat. "Da konnte ich nirgendwo hin", sagt er. Das Gute: Er fand zu dieser Zeit einen Job, arbeitet seitdem im Kundenservice bei einem Anbieter für Kreuzfahrten. "Mit Reisen kann ich mich ja gut identifizieren", sagt Rico Reißmann und schmunzelt.

Neue Abenteuer geplant

Für die letzten Etappen seiner Weltreise von Gibraltar über Spanien und Frankreich zurück nach Deutschland war der 39-Jährige zuletzt von seinem Arbeitgeber freigestellt. Nun kehrt er in seinen Job zurück. "Man wird irgendwann müde", sagt er. "Man hat irgendwann so viele Bilder im Kopf. Das muss man erstmal sacken lassen."

Warum er seine Weltreise jetzt beendet hat? Rico Reißmann hatte so ein Gefühl, "dass es wieder an der Zeit war, etwas anderes zu machen", erzählt er. "Ich möchte sesshaft werden. Die Reise ist abgeschlossen und das ist auch gut so." Für einen kurzen Augenblick herrscht Stille, ehe Rico Reißmann dann noch sagt: "Aber das ein oder andere neue Abenteuer kommt bestimmt."

MDR (Daniel George) | Erstmals veröffentlicht am 04.06.2025