
Sachsen-Anhalt Keine Skikurse mehr im Sportunterricht – Haseloff will mit Gespräch vermitteln
Skikurse als Teil des Sportunterrichts wird es in Sachsen-Anhalt künftig nicht mehr geben. Als Gründe nennt das CDU-geführte Bildungsministerium unter anderem die hohen Kosten. Heftige Kritik kommt vom Koalitionspartner SPD, aber auch aus der CDU selbst. Nun schaltet sich Ministerpräsident Haseloff ein: Er hat Bildungsministerin Feußner und CDU-Abgeordnete zum Gespräch geladen.
- In Sachsen-Anhalt sollen Skikurse als Teil des Sportunterrichtes abgeschafft werden – nach Kritik schaltet sich nun Ministerpräsident Haseloff ein.
- Das Bildungsministerium begründete den Schritt unter anderem mit hohen Kosten und dem Personalaufwand für die Kurse.
- Heftige Kritik an der Entscheidung kam unter anderem aus der CDU-Landtagsfraktion, aber auch vom Landeselternrat.
Nach massiver Kritik aus der CDU-Landtagsfraktion an Bildungsministerin Eva Feußner (CDU) hat Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) die Beteiligten zu einem Gespräch eingeladen. Haseloff habe am Donnerstagmorgen mit den Beteiligten telefoniert, sagte Regierungssprecher Matthias Schuppe. "Der Ministerpräsident wird das Gespräch moderieren, er geht von einer gemeinsamen Lösung aus." Das Treffen solle zeitnah stattfinden.

Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) will zwischen Bildungsministerin Eva Feußner und der CDU-Landtagsfraktion vermitteln.
Zuvor hatte Feußner Kritik mit der Entscheidung auf sich gezogen, Skikurse als möglichen Teil des Sportunterrichts in Sachsen-Anhalt abzuschaffen. Wie das Bildungsministerium dem MDR am Mittwoch bestätigte, dürfen ab sofort keine Ski-Kompaktkurse mehr neu gebucht werden.
Verbot für Skikurse: Reisekosten zu hoch
Bildungsministerin Eva Feußner (CDU) sagte MDR SACHSEN-ANHALT, die derzeit gebuchten Ski-Kompaktkurse könnten noch durchgeführt werden. Es sei aber richtig, dass keine neuen mehr gebucht werden sollen. Die Skikurse seien sehr ressourcen-intensiv und hätten viel mit Unterrichtsausfall zu tun, erklärte Feußner weiter. Man fokussiere sich auf den Pflichtunterricht.
Feußer verwies außerdem auf eine mögliche soziale Benachteiligung. So könnten sich die Kurse nur eine gewisse Anzahl von Schülerinnen und Schülern leisten.
Zuerst hatte die "Mitteldeutsche Zeitung" über das Thema berichtet. Demnach führte das Bildungsministerium für den Schritt finanzielle, personelle und organisatorische Gründe an.
So habe das Land im vergangenen Jahr 200.000 Euro für Reisekosten von Lehrern gezahlt. Dieses Geld solle künftig anders verwendet werden, etwa für die Qualifizierung von Seiteneinsteigern. Es sei das Ziel, dass sich die Schulen auf den Kern-Unterricht konzentrieren und so wenig Unterricht wie möglich ausfalle, sagte ein Ministeriumssprecher.
Zudem könnten sich die Eltern, die über weniger Geld verfügten, die bis zu 500 Euro teuren Skikurse oft nicht leisten. Das wiederum erschwere die soziale Teilhabe ihrer Kinder.
Ministerium prüft Alternativen zu teuren Skikursen
Grundsätzlich verboten sind Skikurse den Angaben zufolge nicht. Sie könnten selbst organisiert und finanziert in den Ferien veranstaltet werden. Ski-Fahrten sind nach Ministeriumsangaben für Schulen und Schüler im Rahmen von Schulwanderungen und Schulfahrten weiterhin möglich. Das Ministerium betonte zudem, dass Alternativen für Ski-Kompaktkurse erarbeitet würden. Man wolle insbesondere die Zusammenarbeit zwischen Schulen und Sportvereinen fördern. Dafür würden auch Mittel bereitgestellt.
CDU-Politiker Borchert: Schulen und Fach-Konferenzen sollten entscheiden
Die Entscheidung sorgt für heftige Kritik – auch in der CDU. Der CDU-Landtagsabgeordnete Carsten Borchert sagte MDR SACHSEN-ANHALT, Lehrpläne hätten Stoffgebiete, die die Lehrer dann zu erfüllen hätten. Die Umsetzung von dem, was im Lehrplan stehe, solle man den Schulen und den Fach-Konferenzen überlassen. Borchert erklärte weiter, er sehe es nicht so, dass das Ministerium entscheiden könne, welche Inhalte nicht mehr unterrichtet würden – dann hätten diese ja nicht in den Lehrplänen stehen dürfen.

Der CDU-Landtagsabgeordnete Carsten Borchert
Die Deutsche Presse-Agentur berichtete, dass viele CDU-Landtagsabgeordnete derlei Neuregelungen als Alleingänge Feußners sehen und Abstimmungen vermissen würden. Es rumore ganz schön, hieß es. In der Fraktionssitzung am Dienstag soll es laut geworden sein.
Zuletzt hatte die Fraktion bereits Feußners Plan zur Erhöhung der Mindestschülerzahlen an Schulen in Halle, Magdeburg und Dessau-Roßlau, einkassiert.
Kritik von Junger Union und SPD
Auch die Junge Union kritisierte die Entscheidung, die Ski-Kompaktkurse abzuschaffen. Geographisch bedingt seien die Skikurse für viele Jugendliche in Sachsen-Anhalt der erste und einzige Kontakt mit Wintersportarten. Sie bilden damit eine wichtige Ergänzung zum regulären Schulsport. Die JU spricht sich für die Eigenverantwortung der Schulen aus. Ob und wie Skikurse durchgeführt werden, müsse im Zusammenspiel mit Eltern, Schülern und Lehrkräften entschieden werden können.
In einer Welt, in der Lehrkräfte jeden Tag mehr leisten müssen [...] wirkt dieser Erlass wie eine Stinkbombe in alle Lehrerzimmer des Landes. Mehr Demotivation geht kaum. Andreas Schmidt, finanzpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion |
Der Koalitionspartner SPD forderte eine Rücknahme des Erlasses. Der finanzpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Andreas Schmidt, sagte, der "nicht abgestimmte Eingriff" in die Freiheit der Schulen, ihren Unterricht zu gestalten, sei sachlich unsinnig, haushälterisch nicht begründbar und gehe von falschen Annahmen aus. "In einer Welt, in der Lehrkräfte jeden Tag mehr leisten müssen – Probleme lösen, Unterschiede ausgleichen, Überstunden machen – wirkt dieser Erlass wie eine Stinkbombe in alle Lehrerzimmer des Landes. Mehr Demotivation geht kaum."
Linken-Politiker Lippmann: "Chaotische Geschichte"
Der Linken-Politiker Thomas Lippmann sprach von einer "chaotischen Geschichte", die ein bisschen nach Torschlusspanik aussehe. Es sei ein wirklich großer Verlust, wenn die Ski-Kompaktkurse nicht mehr stattfinden könnten, sagte er MDR SACHSEN-ANHALT.
Lippmann betonte, am Geld könne es im Prinzip nicht liegen, da es beschlossene Haushalte gebe.
Landeselternrat: Skikurse sind wichtiges Gemeinschafts-Erlebnis
Der Landeselternrat in Sachsen-Anhalt kritisierte den Schritt ebenfalls. Der Vorsitzende Matthias Rose sagte MDR SACHSEN-ANHALT, es gehe nicht nur darum, Skifahren zu lernen – solche Fahrten seien vor allem ein wichtiges Gemeinschafts-Erlebnis, das Schulen gerade in der aktuellen Lage dringend bräuchten.
Rose sprach von einem "Highlight" für viele Schülerinnen und Schüler. In einer Zeit mit viel Unterrichtsausfall und einem aus seiner Sicht brüchigen Erziehungs-Auftrag der Schulen sei es "brisant", ausgerechnet solche verbindenden Elemente zu streichen oder gar zu verbieten.
Das sagen Sachsen-Anhalterinnen und Sachsen-Anhalter zum Thema
Auf Social Media wird die Abschaffung der Skikurse im Sportunterricht stark kommentiert. Die meisten Nutzerinnen und Nutzer äußern sich unter dem Instagram-Post von MDR SACHSEN-ANHALT kritisch dazu:
So schreibt etwa Susonne13: "Vielleicht sind als nächstes die Klassenfahrten dran. Kann ja nicht sein, dass Schüler und Lehrer während der Schulzeit "Urlaub" machen. Das Konzept dieser Veranstaltungen wird offenbar nicht verstanden. UND: Ich frage mich ernsthaft, ob dieses Thema ernsthaft das ist, das das Ministerium jetzt so arg beschäftigen sollte."
metel_mania meint: "Bildung findet nicht nur in einem kleinen Klassenraum statt. Es gibt viele Gründe, die für außerschulische Veranstaltungen und Fahrten sprechen. Sozialkompetenz und das echte Miteinandersein, nicht nur kurz in den Pausen, bildet auf ganz anderen Ebenen. Es ist pädagogisch gesehen eine völlig falsche Entscheidung auf dem Rücken der Bildung unserer Schülerinnen und Schüler."
Lieschenradieschen82 sagt: "Für viele Kinder war es oft die einzige Möglichkeit mal einen Skiurlaub zu erleben, oft auch für sozial schwache Familien mit beantragtem Zuschuss. Schade, wirklich schade."
Einige Nutzende finden es aber auch gut, dass die Skikurse entfallen:
mavi_uh schreibt zum Thema: "Die Kosten, die das Ministerium einspart, betreffen ausschließlich die für die mitfahrenden und ggf. vertretenden Lehrkräfte. Die Schüler bzw. deren Eltern zahlen für sich selbst. Und genau das kann eben nicht jeder und dann können Kinder nicht mit und sind benachteiligt! Über die Probleme mit der Vertretung und dem Stundenausfall sprechen wir erst gar nicht! Skifahren ist nunmal nichts elementares! Wenn Eltern das wollen, können sie es doch organisieren, in den Ferien!"
Und outdoor_aktiv meint: "Ob Ski-, Surfkurs oder Sprachreise… alles bezahlter Unterrichtsausfall und fehl am Platz. Wer von den Schülern fährt denn seit dem regelmäßig Ski oder surft jetzt? Wem von den Schülern hat denn der Sprachaustausch was gebracht? Zusammenhalt in der Klasse und gemeinsame Freizeit kann man auch ohne teure Kurse auf Klassenfahrt zelebrieren. Den Kindern sollten lieber Dinge beigebracht werden, die sie später im Leben auch brauchen."
dpa, MDR (Martin Nass, Lars Frohmüller, Alisa Sonntag, Felix Fahnert) | Erstmals veröffentlicht am 04.06.2025