Menschen transportieren Wasserkanister in der Nähe der Trümmer eines eingestürzten Gebäudes im Westen von Gaza-Stadt.

Gemeinsame Erklärung "Blockade von Hilfe für Gaza untragbar"

Stand: 23.04.2025 13:13 Uhr

Seit 50 Tagen blockiert Israel Hilfe für den Gazastreifen, die Zustände für die Menschen sind katastrophal. Deutschland, Frankreich und Großbritannien nennen Israels Vorgehen nun "untragbar" und "inakzeptabel".

Deutschland, Frankreich und Großbritannien stellen sich mit deutlichen Worten gegen Israels Vorgehen im Gazastreifen. In einer gemeinsamen Erklärung der Außenministerinnen und Außenminister der drei europäischen Staaten kritisieren sie die Blockade von Hilfsgütern als "untragbar" und nennen die Pläne zur dauerhaften Stationierung in dem Küstengebiet "inakzeptabel".

"Die israelische Entscheidung, den Zugang von Hilfsgütern nach Gaza zu blockieren, ist untragbar", heißt es in der Erklärung. Auch die Äußerungen des israelischen Verteidigungsministers Israel Katz, der die ausbleibende Lieferung von Hilfsgütern als "Druckmittel" gegen die im Gazastreifen herrschende Terrororganisation Hamas bezeichnet hatte, werden scharf kritisiert.

Europäer: Palästinensisches Gebiet darf nicht verkleinert werden

Sowohl die Pläne zu einem Verbleib im Gazastreifen als auch Katz' Äußerungen seien schädlich für die "Aussicht auf Frieden". Weiter heißt es in der Erklärung von Annalena Baerbock, Jean-Noël Barrot und David Lammy: "Humanitäre Hilfe darf niemals als politisches Druckmittel eingesetzt werden, und palästinensisches Gebiet darf weder verkleinert noch demografischen Veränderungen unterworfen werden." 

Israel müsse "viel mehr tun, um die Zivilbevölkerung, die Infrastruktur und humanitäre Helfer zu schützen". Außerdem fordern die Außenminsterinnen und Außenminister die Hamas zur "sofortigen" Freilassung der von ihr im Gazastreifen festgehaltenen israelischen Geiseln auf. Die Palästinenserorganisation dürfe "keine Hilfsleistungen für den eigenen finanziellen Nutzen abzweigen" und "zivile Einrichtungen (nicht) für militärische Zwecke nutzen".

Abbas meldet sich zu Wort

Auch Palästinenserpräsident Mahmud Abbas forderte die Hamas zur Freilassung der verbliebenen israelischen Geiseln im Gazastreifen auf. "Unser Volk zahlt den Preis (für die Geiselnahme), nicht Israel. (...) Lasst sie einfach frei", erklärte Abbas. Mit den Geiseln liefere die Hamas Israel lediglich einen Vorwand, "um seine Verbrechen im Gazastreifen zu begehen".

Humanitäre Hilfe fast komplett eingestellt

Von 43 internationalen und palästinensischen Hilfsorganisationen haben laut Vereinten Nationen fast alle in einer Untersuchung angegeben, dass sie ihre Hilfsleistungen seit Wiederbeginn der israelischen Angriffe am 18. März einstellen oder massiv einschränken mussten. Der Gazastreifen erlebe die wohl schlimmste humanitäre Krise seit Beginn des Kriegs vor mehr als eineinhalb Jahren.

Hilfe für die Zivilbevölkerung werde durch neue israelische Militärangriffe, die seit mehr als 50 Tagen andauernde Blockade humanitärer Hilfslieferungen, tödliche Angriffe auf Helfer sowie massive Bewegungseinschränkungen in dem Küstenstreifen behindert, heißt es in einem neuen Bericht des UN-Nothilfebüros (OCHA).

Kaum mehr Wasser, Lebensmittel und Strom

Die Hilfsorganisation Oxfam teilte mit, es gebe "kaum noch sauberes Trinkwasser, da Anlagen bombardiert wurden oder nicht mehr funktionieren, seit die letzten verbleibenden Stromleitungen gekappt wurden, die für den Betrieb der sanitären Anlagen benötigt werden". Preise für die ohnehin knappen Lebensmittel schnellen demnach in die Höhe, und "viele Menschen sind von extremem Hunger bedroht".

Die Regierung Israels wirft der Hamas vor, sie habe sich Hilfsgüter mit Gewalt angeeignet und verkaufe diese zu überhöhten Preisen an die Zivilbevölkerung.

Die letzte Waffenruhe-Phase endete, nachdem sich Israel und die Terrororganisation Hamas nicht auf die Modalitäten für die nächste Phase hatten einigen können. Seitdem hat Israel wieder Angriffe mit vielen Todesopfern ausgeführt und eine massive Bodenoffensive gestartet. Allein heute wurden bei Angriffen nach palästinensischen Angaben mindestens 20 Menschen getötet - zehn davon bei der Bombardierung eines Schulgebäudes in Gaza-Stadt. Israel hat sich bisher nicht zu den heutigen Attacken geäußert.

Rechtsextreme in Israel für weitere Eskalation

Rechtsextreme Mitglieder der israelischen Regierung fordern laut Medienberichten eine Verschärfung der Angriffe im Gazastreifen. Dazu gehöre eine größere Bodenoffensive zur Eroberung des Gazastreifens mit Einberufung zahlreicher Reservisten. Ziel sei die komplette Zerstörung der Terrororganisation Hamas.

Der Sender Kan berichtete jedoch unter Berufung auf einen ranghohen Regierungsvertreter, Israel wolle den indirekten Verhandlungen mit der Hamas über eine neue Waffenruhe noch eine Chance geben. Zuletzt war berichtet worden, dass die Hamas inoffiziell zur Übergabe ihrer Macht an eine andere palästinensische Behörde im Gazastreifen bereit sei.

Anita Westrup, ARD Genf, tagesschau, 23.04.2025 12:54 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete die tagesschau am 23. April 2025 um 12:00 Uhr.