Kristin Brinker, Landesvorsitzende der AfD Berlin, hält eine Rede auf dem AfD Landesparteitag Berlin in Jüterbog (Quelle: dpa)

Berlin rbb-Auswertung: Was im AfD-Gutachten des Verfassungsschutzes über Berlin steht

Stand: 14.05.2025 17:49 Uhr

Im AfD-Gutachten des Bundesamtes für Verfassungsschutz werden auch Politikerinnen und Politiker aus Berlin genannt. Eine rbb-Auswertung zeigt, welche ihrer Äußerungen zur Nennung geführt haben. Von Sabine Müller

Im Geheimgutachten des Bundesverfassungsschutzes zur AfD spielen auch Berliner Politikerinnen und Politiker eine Rolle. Das zeigt eine rbb-Auswertung des Berichts, auf dessen Grundlage die Bundes-AfD als "gesichert rechtsextrem" eingestuft wurde. Das Magazin "Cicero" hatte das vertrauliche Gutachten als erstes komplett veröffentlicht [cicero.de].
 
Im Personenregister des mehr als 1.000 Seiten langen Berichts stehen unter anderem die Namen von drei aktuellen Bundestagsabgeordneten der Berliner AfD. Außerdem sind acht Landes-Abgeordnete aufgelistet - das ist die Hälfte der AfD-Fraktion im Abgeordnetenhaus.

Problematischer Volksbegriff im Fokus

Nicht alle dieser Personen werden mit eigenen Aussagen zitiert. Manche finden Eingang in das Gutachten, weil sie Posts anderer Parteimitglieder geteilt haben oder weil sie Führungsfunktionen in der inzwischen aufgelösten rechtsextremistischen Jugendorganisation der AfD, der Jungen Alternative, hatten.
 
Zu den Belegen, die der Bundesverfassungsschutz auflistet, zählen Aussagen, die einen problematischen Volksbegriff offenbaren und nicht mit der Menschenwürde vereinbar sind genauso wie antisemitische Äußerungen oder verfassungsfeindliche Zitate.

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Berliner Bundes- und Landespolitiker tauchen im Bericht auf

Auf Bundesebene sind im Gutachten vor allem Aussagen der Berliner Abgeordneten Beatrix von Storch und Gottfried Curio präsent. Der Verfassungsschutz wirft Curio unter Verweis auf verschiedene Zitate vor, er fordere in Deutschland eine "ethnische Abstammungsgemeinschaft", die "keinerlei Raum für die Einbürgerung von Menschen aus anderen Kulturen" lasse.
 
Beatrix von Storch wird unter anderem mit der Aussage zitiert, der Europäische Gerichtshof wolle Europa "islamisieren". Der Verfassungsschutz sieht "antisemitische Chiffren", etwa wenn von Storch auf die "globale Finanzindustrie" schimpft. Auf Landesebene ist der Abgeordnete Gunnar Lindemann vielfach mit Zitaten aus den Sozialen Medien im Gutachten vertreten. In einem Post warnt er etwa vor einer "Umvolkung" in Deutschland durch Migration.

Verfassungsschutz sieht Abwertung von Migranten

In einem anderen Post wertet er nach Ansicht des Verfassungsschutzes Migranten als Gruppe ab, wenn er über die "unkontrollierte Ausbreitung kulturfremder Spezies" in Europas Gesellschaften spricht und dabei den Vergleich zu "invasiven" Waschbären zieht. Der Bundesverfassungsschutz wirft Lindemann außerdem vor, er banalisiere die Judenverfolgung in der NS-Diktatur.
 
Auch der Abgeordnete Harald Laatsch wird mehrfach im Gutachten erwähnt. Unter anderem mit Verschwörungstheorien vom "Tiefen Staat" und dem Vorwurf, das Vorgehen der Bundesregierung gegen Reichsbürger sei ein "Staatsstreich".
 
Die Berliner Partei- und Fraktionschefin der AfD, Kristin Brinker, kommt in dem Gutachten nicht vor. Eine Anfrage des rbb mit der Bitte um eine Einschätzung des Gutachtens aus Berliner Sicht blieb zunächst unbeantwortet.

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Berliner Landesverband vergleichsweise selten vertreten

Nicht überraschend: Andere AfD-Landesverbände sind im Verfassungsschutzbericht deutlich häufiger vertreten als Berlin, unter anderem Brandenburg.
 
Das Gutachten ist als Verschlusssache eingestuft, also als nicht für die Öffentlichkeit bestimmt. Zur Begründung hieß es Anfang Mai von Verfassungsschutz und Bundesinnenministerium, Quellen des Geheimdienstes müssten geschützt und eine Präzedenzwirkung für weitere Verfahren vermieden werden.
 
Das erste Argument scheint nach Lektüre des Textes allerdings nicht haltbar. Denn das Gutachten ist eine reine Zitatensammlung aus öffentlich zugänglichen Quellen wie Reden, Online-Posts oder Interviews. Darin finden sich keine Rückschlüsse auf geheime Arbeit des Dienstes oder Hinweise auf V-Leute, die durch eine Veröffentlichung gefährdet sein könnten.
 
Der Verfassungsschutz kommt in dem Gutachten zu dem Schluss, bei der AfD sei eine "extremistische Prägung der Gesamtpartei" gegeben. Es sei "nicht mehr davon auszugehen, dass es gemäßigteren Kräften in der AfD noch möglich ist, diese festgestellte verfassungsfeindliche Prägung der Gesamtpartei umzukehren".

Sendung: rbb24 Abendschau, 14.05.2025, 19:30