
Berlin Trans Person sagt Auslandssemester wegen Trump-Regierung ab
Ella wollte eigentlich an der renommierten US-Universität Berkley ein Auslandssemester machen. Doch sie war politisch aktiv und ist trans. Aus Angst vor Repressalien sagt sie nun ab.
In der Serie #Wiegehtesuns? erzählen Menschen, wie ihr Leben gerade aussieht - persönlich, manchmal widersprüchlich und kontrovers. rbb|24 will damit Einblicke in verschiedene Gedankenwelten geben und Sichtweisen dokumentieren, ohne diese zu bewerten oder einzuordnen. Sie geben nicht die Meinung der Redaktion wieder.
Ella ist 24 Jahre alt und studiert im vierten Semester Ökologie und Umweltplanung an der TU Berlin. Im August wollte sie eigentlich ein Auslandssemester in den USA, an die University of California in Berkeley, absolvieren. Als sie vor einem Jahr mit den Planungen für ihr Auslandssemester begann, war ihr nicht klar, mit welchen Problemen sie später konfrontiert sein würde.
Die Trump-Administration setzt die Universitäten des Landes seit ihrem Amtsantritt unter Druck. Seit Kurzem müssen Auslandsstudierende auch ihre Social-Media-Accounts offenlegen. Wer das nicht tut, riskiert die Ablehnung seines Antrags.
Wegen der angespannten Lage in den USA hat sich Ella entschieden, das Auslandssemester abzusagen. So geht es Ella:

Ich war schon immer sehr beeindruckt von den Universitäten in den USA und ich hatte den Wunsch, an einer renommierten amerikanischen Uni zu studieren. Ich hatte sogar schon einen Platz und ein Stipendium für den Aufenthalt. Ich habe mich auf tolle Forschung und Lehre gefreut. Außerdem spreche ich sehr gut Englisch, das war auch ein Grund, dort hinzugehen.

Auslandssemester in den USA abgesagt
Für meine Absage gab es mehrere Gründe. Schon mit Trumps Amtsantritt hatte ich meine Bedenken, aber es hatte eigentlich damit zu tun, dass die Situation für trans Menschen und für Auslandsstudierende in den USA seitdem untragbar geworden ist. Und dass ich mir echt Sorgen um meine Sicherheit gemacht hätte.
Denn Menschen mit geändertem Geschlechtseintrag - so wie ich - können aktuell mit diesem geänderten Eintrag nicht mehr in die USA einreisen. Bei mir würde dann eben "männlich" stehen, obwohl ich meinen Geschlechtseintrag in Deutschland schon vor mehreren Jahren zu "weiblich" geändert habe.

Das hätte viele bürokratische Probleme mit sich gebracht und mich auch für Diskriminierung viel verwundbarer gemacht. Ich wäre mit einem Visum in die USA gereist, auf dem "männlich" steht. Das heißt, man hätte durch eine Dokumentenkontrolle erfahren können, dass ich trans bin. Und das hätte für mich ganz persönlich bedeutet, dass ich vielleicht schikaniert oder verbal diskriminiert werde. Einfach nur aufgrund des Fakts, dass ich transsexuell bin.
Zu meiner Transidentität kommt noch hinzu, dass ich in der Vergangenheit politisch aktiv war. Das kann man auch googeln. Ich hatte die Sorge, dass das schon ausgereicht hätte, um befragt zu werden und im schlimmsten Fall doch nicht einreisen zu können.
Außerdem gab es jetzt auch Fälle wie in Harvard, wo Donald Trump allen ausländischen Studierenden die Einreise verweigert hat. Und ich dann womöglich in die Situation gekommen wäre, dass ich auf einmal in den USA ohne Visum dastehe und mitten in meinem Auslandssemester abreisen müsste.

Ich habe schon länger über eine Absage nachgedacht, weil es mich sehr belastet hat, dass ich nur mit einem falschen Geschlechtseintrag hätte einreisen können. Aber konkret zu der Entscheidung hat mich dann gebracht, dass Ende März eine ausländische Doktorandin wegen einem pro-palästinensischem Zeitungsartikel einfach das Visum entzogen worden ist. Und dass sie auf offener Straße festgenommen wurde. Das fand ich echt beängstigend. Das war ein Risiko, was ich nicht hätte eingehen wollen.
An meiner Universität, der TU Berlin, gab es viel Verständnis für meine Entscheidung. Meine Sicherheitsbedenken wurden auch an die anderen Studierenden kommuniziert. Es geht ja nicht nur um trans Personen, sondern auch um politisch Aktive oder nicht-weiße Studierende. Die anderen Auslandsstudierenden nehme ich auch als sehr besorgt wahr. Und die sind nicht unbedingt trans.
Da sind Leute, die nicht politisch aktiv sind oder waren und die sich trotzdem Gedanken machen, ob sie sich ein Ersatzhandy oder einen extra Laptop kaufen. Die Geld zurücklegen für einen möglichen Rückflug und Maßnahmen treffen, die meiner Meinung nach komplett verrückt sind.
Mit der Diskriminierungsbeauftragten der UC Berkeley habe ich auch gesprochen. Aber es war auch ein frustrierender Moment, weil die Universität Berkeley auch nicht viel machen kann, wenn es um Einreisen und Visadokumente geht. Die Unis in den USA befinden sich gerade auch im Streit mit Trump. Ich glaube, an der Universität wäre ich sehr willkommen gewesen. Das Problem waren dann eher die Trump-Administration und die Behörden.

Ich war zuerst sehr traurig, dass mir durch diese schlimme politische Lage in den USA so eine akademische Chance genommen wurde. Je mehr Nachrichten aus diesem Land kommen, desto froher bin ich aber mittlerweile, dass ich mich dieser Situation nicht mehr aussetzen muss.
Das Internationale Büro der TU Berlin hat mir angeboten, dass ich mich noch für China oder Australien bewerben könnte. Die Mitarbeitenden dort waren sehr bemüht. Das war mir dann aber persönlich zu kurzfristig. Jetzt plane ich, mich Ende des Jahres für das Erasmus-Programm zu bewerben und nächstes Jahr in der EU ein Auslandssemester anzutreten. Vielleicht in Schweden, vielleicht in Österreich. Ich bin sehr zuversichtlich, dass das klappt.
Gesprächsprotokoll: Marissa Boll