Ökosystem Hühnerwasser. (Quelle: rbb)

Brandenburg Ehemaliges Tagebaugebiet: Renaturiertes Ökosystem in Welzow-Süd wird weiter erforscht

Stand: 24.04.2025 12:35 Uhr

Das renaturierte Ökosystem des Tagebaugebiets Welzow Süd (Spree-Neiße) wird seit 20 Jahren erforscht. BTU und Leag verlängern die Forschungskooperation für weitere fünf Jahre.

Am Mittwoch haben die Brandenburgische Technische Universität Cottbus-Senftenberg (BTU) und der Energiekonzerns Leag das Forschungsprojekt um das renaturierte Ökosystem im Quellgebiet Hühnerwasser verlängert. Dazu unterzeichneten beide Seiten eine neue Nutzungsvereinbarung. Das Gebiet umfasst sechs Hektar und gehört zum Rekultivierungsbereich des Tagebaus Welzow-Süd. Seit mittlerweile 20 Jahren erforschen Wissenschaftler der BTU dort, wie ein Ökosystem entsteht und wie es sich entwickelt, wenn es unangetastet bleibt.
 
"Es ist beeindruckend, wie sich das Einzugsgebiet "Hühnerwasser" im Rekultivierungsbereich eines Braunkohletagebaus aus sich selbst heraus wieder entwickelt hat", sagte die BTU-Präsidentin Gesine Grande.
 
Durch die Kooperation mit der Leag könnten die Forschenden Ökosystemprozesse und die neu entstehenden Strukturen in einer Langzeitstudie begleiten, so Grande, was einen weltweit beachteten Datenschatz hervorbringe.

Ökosystem Hühnerwasser. (Quelle: rbb)

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Unangetastete Landschaft, mehr als hundert Pflanzenarten

Nach der Stilllegung des Tagebaus legte die LEAG legte eine Tonschicht unter den Boden und bedeckte sie mit Sand, um Regenwasser zu sammeln. Das Gebiet wurde planiert, aber nicht gedüngt oder bepflanzt, und schließlich zur Forschung sich selbst überlassen. Auf dem ehemaligen Tagebaugelände wachsen heute Laub- und Nadelbäume, daneben ein Gewässer inmitten von Schilf. Durch die Pflanzen sind auch diverse Tierarten zurückgekommen. "Das hatten wir uns am Anfang anders vorgestellt", sagte die BTU-Wissenschaftlerin Annika Badorreck dem rbb am Mittwoch. "Letztendlich unterscheidet es sich kaum noch von der Landschaft rund herum, die über Jahrzehnte gewachsen ist."
 
In dem gesamten Forschungsgebiet stehen über 40 Brunnen und zwei Wehre, mit denen das Team die Grundwasserwerte misst. Drei Wetterstationen überwachen das Wetter. Beobachtet wird insbesondere durch Luftaufnahmen, welche Pflanzen sich auf dem unberührten Boden entwickeln.
 
"Wir haben eine Pflanzenvielfalt hier von weit über hundert Arten, die dazu geführt hat, dass sich diese Modelllandschaft stark verändert. Auch der zwischenzeitlich angestiegene Grundwasserkörper verschwindet wieder, weil die Pflanzen viel Wasser aufnehmen", sagte der Koordinator der "Forschungsplattform Hühnerwasser" Werner Gerwin, der das Projekt von Beginn an betreut.

Ökosystem Hühnerwasser. (Quelle: rbb)

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Beteiligung von Experten und Studenten

An der Forschung sind Expertinnen und Experten aus dem In- und Ausland beteiligt. Daneben ist das Quellgebiet auch für verschiedener umweltwissenschaftlicher Studiengänge der BTU wichtig - sie absolvieren in dem Gebiet zum Beispiel Praktika. Laut BTU seien dort zudem zahlreiche Studien- und Abschlussarbeiten zu speziellen Fragen der Ökosystementwicklung entstanden.

Erdhügel in verschiedenen Farben sind im Tagebau Welzow-Süd aufgeschichtet. (imago-images/Blickwinkel)
"In der Baggerschaufel war beim Anheben ein Soldatenstiefel zu sehen"
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Künftige Gestaltung von ehemaligen Tagebaugebieten

Die Forschung am Quellgebiet steht auch in Verbindung zur künftigen Gestaltung anderer ehemaliger Tagebaugebiete in der Lausitz. Denn es stellt sich die Frage, wie man Bergbaulandschaften am besten vor dem Hintergrund des Klimawandels gestaltet, um Wasserressourcen in der trockenen Gegend zu gewährleisten. "Hier haben wir die Chance zu sehen, wie sich Natur Landschaft zurückholt und das werden wir auch in unsere Rekultivierungsprozesse einspielen", sagte der Leiter der Geotechnik der LEAG, Thomas Koch.
 
Das Ziel sei es ehemalige Tageblauflächen möglichst schnell zu renaturieren und noch mehr ökologische Vielfalt in die Bergbaufolgelandschaft zu bringen, so Koch. Angedacht ist zum Beispiel einzelne Pflanzen oder Bäume entfernen, um zu beobachten, wie das Ökosystem darauf reagiert.

Sendung: rbb24 Brandenburg Aktuell, 23.04.2025, 19:30 Uhr