
Brandenburg Vorwurf von Umweltverbänden: Drückt sich die Leag vor den Kosten für die Tagebausanierungen?
Umweltverbände befürchten, dass die Leag nach Umstrukturierungen nicht für die Sanierung der ausgekohlten Tagebaue aufkommen wird. Der Energiekonzern widerspricht - und bekommt Rückendeckung von den Behörden. Von Andreas Rausch
- Umweltnetzwerk "Beyond Fossil Fuels" befürchtet, Leag könnte sich aus finanzieller Verantwortung bei Tagebausanierung ziehen
- durch Umstrukturierung könnte Braunkohlegeschäft in "Bad Bank" ausgegliedert werden
- Leag widerspricht und erklärt, Investor habe bislang kein Geld aus dem Unternehmen gezogen
- Landesbergbauamt sieht keinen Anlass, an Leag-Verpflichtungen zu zweifeln
Es ist bedrohliches Szenario, das das Klimanetzwerk "Beyond Fossil Fuels" in Cottbus an die Wand malt: Dunkle Hintermänner aus Tschechien saugen die Lausitz aus, die Region ist in der Hand dubioser Geschäftemacher.
Es geht um das Energieunternehmen Leag, um den Braunkohleausstieg und die Kosten, die damit verbunden sind. Per Gesetz ist der Konzern dazu verpflichtet, für die Sanierung der ausgekohlten Tagebaue aufzukommen. Die Landschaft - so die Auflage - soll nach der Kohle wieder nutzbar sein, keine Brachfläche. Unter anderem Greenpeace befürchtet, dass sich die Leag um diese Kosten drücken könnte, die Sanierung also bei Land und Bund liegen bleibt und damit beim Steuerzahler.
Sanierungskosten bislang nicht finanziert
Der tschechische Leag-Eigentümer EPH habe Milliarden an Gewinnen aus der Lausitz gezogen, so Karsten Smid von Greenpeace. Die Rekultivierungskosten seien kaum zu beziffern, dennoch schätzt Greenpeace einen Betrag zwischen fünf und zehn Milliarden Euro allein für die Lausitzer Tagebaue. "Die sind nicht gegenfinanziert", so Smid. "Hier rennt die Lausitz sehenden Auges auf eine Katastrophe zu", sagt er.
Als Grundlage dienen Greenpeace die Kosten, die schon jetzt für alte Tagebaue aufgelaufen sind. Die Lausitzer und Mitteldeutsche Bergbauverwaltungs Gmbh (LMBV) - ein bundeseigenes Unternehmen, das sich um die Sanierung alter Tagebaue aus DDR-Zeiten kümmert - hat seit 1990 rund zwölf Milliarden Euro in die Rekultivierung der Lausitzer Tagebaue gesteckt. Dazu gehört beispielsweise das Anlegen des Großräschener Sees. Greenpeace befürchtet ähnliche Größenordnungen für die aktuell noch laufenden Tagebaue.
Die Umweltverbände befürchten nun, dass die Leag durch Tricks um die Finanzierung der Sanierung herumkommen will. Eine kürzliche Umstrukturierung des Konzerns verstärkt diese Befürchtungen weiter.
Braunkohlesparte als Bad Bank?
Die Leag als Konzern besteht erst seit 2016. Ein tschechisches Konsortium um EPH hatte damals die Braunkohlesparte vom schwedischen Unternehmen Vattenfall gekauft. Nun hat sich die Leag als Konzern neu aufgestellt und in einer neuen Holding drei eigenständige Unternehmenssparten vereinigt. Die Tagebaue und die Kraftwerke der Leag laufen dabei wie zuvor als eigene Unternehmenszweige weiter. Eine weitere Gesellschaft, die Leag Gigawatt GmbH, bündelt wiederum das "Neugeschäft" des Konzerns, das überwiegend mit Strom aus erneuerbaren Energien befasst. [Details zur neuen Struktur der Leag lesen Sie hier.]
Weil ein Unternehmen nicht für das andere haftet - und auch der Mutterkonzern nicht für seine Tochterunternehmen aufkommt - befürchten die Umweltverbände, dass die weiterhin profitablen Unternehmensteile der Leag auch zukünftig Gewinne abwerfen können, während die Braunkohlesparte in die Insolvenz rutschen könnte. Befürchtet wird, dass die Kraftwerks- und Tagebausparten zu sogenannten "Bad Banks" werden könnten.
Die Leag könnte auf diesem Weg die Gewinne aus erneuerbaren Energien weiterhin einstreichen und müsste andererseits nicht mehr für die Sanierung der Tagebaue aufkommen. Für weitere Unruhe sorgt, dass kürzlich zwei von vier Leag-Vorständen überraschend das Unternehmen verlassen haben - nachdem die Umstrukturierung abgeschlossen war.

Genaue Sanierungskosten weiter unklar
Der Leag-Vorstandsvorsitzende Adolf Roesch sagte dem rbb, dass die Gefahr nicht bestehe. Als Beleg dafür sieht er, dass der Eigentümer EPH seit seinem Investment nicht ein einziges Mal Geld aus der Leag herausgezogen habe. "Alles, was wir erwirtschaftet haben, steht uns zur Verfügung, dass wir investieren können", so Roesch.
Knackpunkt bleibt die genaue Höhe der Sanierungskosten und die Mittel, die die Leag bereitstellt, um für sie aufzukommen. Rund 2,6 Milliarden Euro hat die Leag laut der aktuellsten vorliegenden Bilanz von 2023 in Rückstellungen. Im Falle einer Insolvenz der Bergbausparte könnte das Geld Teil der Insolvenzmasse werden und damit nicht mehr für die Sanierung genutzt werden.
Hinzu kommen noch Gelder in Vorsorgegesellschaften, die das Unternehmen gemeinsam mit den Ländern Brandenburg und Sachsen gegründet hat. Stand 2023 sind darin rund 213 Millionen Euro für Brandenburg und rund 290 Millionen Euro für Sachsen gesichert. Bis 2038, dem Ende der Braunkohle, soll dieser Betrag auf nicht mal eine Milliarde Euro wachsen. Für die Sanierung der Tagebaue wird das nicht reichen.

Zuständige Behörde sieht keine Gefahr
Zuständig für die Überwachung der Leag ist das Landesamt für Bergbau, Geologie und Rohstoffe (LGBR) in Cottbus. Die Behörde wacht auch darüber, ob der Energiekonzern seinen finanziellen Verpflichtungen zur Sanierung nachkommt. Das LGBR rechnet seinerseits mit Gesamtkosten für die Sanierung von rund zwei Milliarden Euro.
Der Leiter des LGBR, Sebastian Fritze, ist bei dem Thema pragmatisch, wie er sagt. "Die Sanierungsleistung ist zu erbringen und die Landschaft in unserer Heimat ist wieder heile zu machen", so Fritze. "Das steht so im Bundesberggesetz und das fordern wir ein", sagt er. Bislang habe die Behörde auch keine schlechten Erfahrungen mit der Leag gemacht.
Dafür spricht auch ein Großprojekt im Lausitzer Strukturwandel. Die rund 300 Millionen Euro zur Herstellung des Cottbuser Ostsees - die Sanierung des ehemaligen Tagebaus Cottbus Nord - hat die Leag selbst bezahlt. So, wie es das Gesetz vorschreibt.
Sendung: rbb24 Brandenburg aktuell, 12.04.2025, 19:30 Uhr