
Brandenburg Warum so ausgiebig über die geplante Ortsumgehung von Eberswalde gestritten wird
Seit 30 Jahren wird über den Neubau der B167 diskutiert. Der zweite Bauabschnitt sieht eine Ortsumgehung nördlich von Eberswalde vor, um die Stadt zu entlasten. Gegen das Bauprojekt regt sich Protest. Auch eine Klage ist geplant.
Seit den 1990er Jahren wird über eine neue Trassenführung der Bundesstraße 167 zwischen der Autobahn A11 und Frankfurt (Oder) diskutiert. Jetzt nimmt das Vorhaben langsam Gestalt an – allerdings ist der Planungsprozess noch lange nicht abgeschlossen. Derzeit wird der erste Bauabschnitt der Ortsumgehung Finowfurt/Eberswalde vom Landesbetrieb Straßenwesen Brandenburg (LSB) geplant. Wann das dafür nötige Planfeststellungsverfahren abgeschlossen sein wird, ist bislang offen, wie es von der Stadt Eberswalde heißt.
Der geplante erste Abschnitt beginnt an der Landesstraße L220 westlich der A11-Abfahrt in Finowfurt und führt nördlich der bestehenden B167 entlang, überwiegend am Oder-Havel-Kanal, bis nach Eberswalde-Nordend.
Für den zweiten Bauabschnitt in Richtung Tornow ist seit 2016 die Planungsgesellschaft Deges zuständig. Nach Unternehmensangaben wird derzeit eine Entwurfsplanung erarbeitet, voraussichtlich 2026 soll das Planfeststellungsverfahren starten.
Das Projekt ist Teil des Bundesverkehrswegeplans [bvwp-projekte.de] und soll langfristig die Region besser an die Autobahn anbinden. Für viele Pendler ist die B167 heute schon die wichtigste Verbindung Richtung Berlin.

720 Meter lange Brücke auf Stelzen über Finowkanal
Für den acht Kilometer langen zweiten Abschnitt entlang des Oder-Havel-Kanals sind elf Brücken vorgesehen, eine Million Kubikmeter Boden muss dafür bewegt werden. Zudem soll eine 720 Meter lange Brücke auf Stelzen entstehen, um Biotope, Bahntrassen und den Finowkanal zu überqueren. 94 Millionen Euro soll allein dieser Abschnitt kosten.
Laut Deges soll im Zuge des Projektes der Verkehr in Eberswalde durch die Umgehungsstraße spürbar sinken. "Wir erfahren mit der Errichtung dieser Bundesstraße eine Entlastung von 5.000 Fahrzeugen", sagte Nicole Ramm, Projektleiterin bei der Deges. Eine Entlastung verspricht sich auch die Eberswalder Verwaltung. Durch die Ortsumgehung könnten Lärm und Emissionen reduziert werden. Auch die Wirtschaftsunternehmen würden durch direkte Verkehrsanschlüsse profitieren, so Ramm.

Visualisierung der Finowbrücke auf dem zweiten Bauabschnitt | Deges
Kritiker mobilisieren seit 2023 gegen das Projekt
Doch das Projekt ist umstritten. Kritiker bezeichnen es als Teil eines geplanten zweiten Berliner Rings - eines Netzes aus zwei- bis dreispurigen Schnellstraßen, das zusätzlichen Verkehr in die Region bringen würde. Der tatsächliche Durchgangsverkehr in Eberswalde sei gering, so die Bürgerinitiative "Pro Waldstadt", die sich im Sommer 2023 gegründet hat."Es gibt eine einzige Zählung aus den 1990er Jahren, wo Menschen befragt worden sind", sagte Susanne Kruopis, Mitglied der Bürgerinitiative sowie von Greenpeace. "Und es stellte sich heraus, die allmeisten Leute nach Eberswalde reinmöchten, dort Arztbesuche, Kindergarten, Schule haben oder dort arbeiten. Die allerwenigsten fahren wirklich durch und würden auch diese Umgehungsstraße nicht nutzen."
Die Gruppe sieht in dem Projekt kein zukunftsfähiges Infrastrukturvorhaben, sondern ein überholtes Denken in Beton: Mehr Verkehr, mehr Flächenversiegelung - und ein klarer Widerspruch zu den eigenen klimapolitischen Zielen.
Die Prognose, mit der das Projekt gerechtfertigt wird, geht von einer 50-prozentigen Zunahme des Verkehrs bis 2030 aus. Doch genau hier liegt für die Kritiker der Widerspruch: Das Land Brandenburg habe sich 2024 per Mobilitätsgesetz verpflichtet, den motorisierten Individualverkehr bis 2030 um 32 Prozent zu senken, argumentieren sie. Überhaupt neue Straßen zu bauen, sei die falsche Richtung, sagte Kruopis. "Jedes Jahr ist wärmer als das Jahr zuvor, das geht doch nicht so weiter. Schon das allein wäre ein Grund aufzuhören mit diesem Straßenbau."
Eingriff in Natur soll ausgeglichen werden
Die Bürgerinitiative warnt vor massiven Eingriffen in die Landschaft. Kleingärten würden verlärmt, Erholungsgebiete am Kanal beeinträchtigt und der Eberswalder Stadtwald zerschnitten. Wertvolle Biotope könnten dauerhaft zerstört werden.
Trotzdem hält die Deges an den Plänen fest. Nicole Ramm versicherte, dass Umwelt- und Naturschutz berücksichtigt würden. "Insgesamt haben wir bei circa 50 Hektar Eingriffe zu verzeichnen. Ziel ist es, dass wir die Eingriffe komplett ausgleichen, um die 60 Hektar werden wir planen", so Ramm weiter.
Die Bürgerinitiative "Pro Waldstadt" bereitet gemeinsam mit dem Umweltschutzbündnis BUND Brandenburg eine Klage gegen den Planfeststellungsbeschluss des ersten Bauabschnitts vor. Dieser hat den Gegnern zufolge eine Schlüsselfunktion für das gesamte Straßenbauprojekt.
Sendung: Antenne Brandenburg, 14.04.2025
Mit Material von Andreas Jacob